Die zweite Demo und genervte Autofahrer
Ein Aprilwetter
jagte Regenschauer über den Frühlingshimmel und dennoch machte ich mich mit
meiner Frau auf zur zweiten Protestdemonstration für eine Ortsumfahrung mit
Tunnel. Die Märkische Oderzeitung hatte wieder ihren Chefkorrespondenten für
unsere Gemeinde, Herrn Krakau geschickt, das Provinzfernsehen war da und sogar
wieder eine Abgeordnete aus dem Landesparlament. Die Zahl der Bürger aus allen
Ortsteilen und sogar aus dem Nordosten Berlins schien mir etwas überschaubarer,
aber die eingesetzten Polizisten samt Streifenwagen, die die Zufahrtsstraßen
zur B 158 der Dorfstra0ße absperrten, war beachtlich, sicher so hoch wie bei
der ersten Wochenenddemo Ende Februar.
Ich wollte schon
um 10 Uhr zum Protestmarsch strömen, aber der hässliche Rathausplatz, so sah
ich beim Vorbeifahren nach dem Wochenendeinkauf, war wie leergefegt. Also
schaute ich im Kalender der Webseite unserer Gemeinde nach: "Für diesen Tag liegen keine Veranstaltungstermine vor.“ Das
ist ein Unding!
Als ich den
verantwortlichen Demo-Organisator aus Mehrow darauf aufmerksam machte, sagte er,
‚dass wir in der Kommunikation besser werden müssen‘. Aber das hatte ich
ihm schon vor einem Monat gesagt, dass der Aufruf zur Demonstration einer verdeckten
Verabredung zu einer Geheimloge glich. Und von der Bühne erklärte er doch, dass
das nicht öffentlich ausgewertet würde. Wie denn das? Eine offiziell
angemeldete Demonstration müsse intern im nichtöffentlichen Teil der
Gemeindeberatung ausgewertet werden? Verkehrte Welt!
Vielleicht wären
mehr Ahrensfelder gekommen aber die, die kamen, hörten artig bis interessiert
drei Gemeindevertreterinnen zu über die Geschichte um das Drama der Ortsumfahrung und was jeder von ihnen dazu so zu sagen hatte. Höflicher bis
lebhafter Beifall. Unverdrossen marschierten wir dann hinter einem nicht ganz abgasfreien
Kleintraktor hinterher, den Gemeindevertreter Stock lenkte und von seinem
Minianhänger französische Chansons herunter klangen. Ein winziges Plakat fuhr
mit: Ortsumfahrung jetzt. Über die Sinnhaftigkeit dieses Schildes habe
ich lange ohne Ergebnis nachgedacht. Vorneweg wieder die Gemeindevertreter Formazin,
Tietz, Schenderlein, Dreger, Länger und Joachim mit einem vom Wind zerzausten
Spruchband: Wir fordern einen Tunnel! Auch ihre Reihen war diesmal
lichter geworden und unseren Bürgermeister konnte ich nirgends entdecken,
Natürlich
stauten sich die Autos wieder rings um die Dorfstraße Ahrensfelde, auf der wir nicht
ganz so flotten Schrittes unseren Unmut mit den Behörden in Bonn, Berlin und
Potsdam zum Ausdruck brachten. ‚Die Autofahrer tun mir leid‘, sagte mir eine
Gemeindevertreterin, aktive Mitorganisatorin der Proteste. Und mir erst, denn
die waren nur genervt, weil irgendeine Demo den Familien aus Berlin den Ausflug
in den vorösterlichen Frühling versperrte. Denn die Leute hatten ja keine Ahnung,
warum und wofür wir, so 250 Ahrenfelder, diesmal wieder protestierten. Und
es war nicht die Aufgabe der eingesetzten Polizei, es ihnen zu erklären. Ich
hatte schon im Februar gefordert, an den Sperrstellen große Plakate zu
installieren, die unsere Forderung klar zum Ausdruck brachten. Die Solidarität
vieler Autofahrer, die uns heute verfluchten, wäre und gewiss gewesen, denn sie
stehen sonst auf der berüchtigten B 158 in und um Ahrensfelde im Stau.
Ob die
Demonstration etwas bewirkt? Wohl kaum, da bin ich skeptisch. Aber uns alle
vereinte wohl der tröstliche Gedanke: Niemand kann sagen, wir hätten es
nicht versucht.