Spekulation über den Bedarf an Wohnungen den keiner kennt

Investoren, Verwaltung und Ortsvorsteher faseln von einem riesigen Fehlbedarf an Wohnungen in Ahrensfelde. Aber auf mehrfache Nachfrage von Bürgern im Bauausschuss, wie groß der Bestand in der Gemeinde ist und wie der tatsächliche Bedarf, konnte Fachbereichsleiter Schwarz keine Antwort geben. Statt dessen führte er gebetsmühlenartig nur die 66 Wohnungen in kommunaler Hand an, die alle bis auf ein sanierungsbedürftiges Objekt gut belegt seien. Als gäbe es keinen neuen Zensus, der genau darüber Auskunft gibt, wie groß der Bestand an Wohnungen in unserer Gemeinde, ob kommunal oder privat vermietet, sei. Ja wie plant denn unsere Gemeinde die zukünftige Entwicklung, Pi mal Daumen? 
Jedenfalls gibt es nicht unerheblichen Widerstand gegen das geplante Winterdorf bei Neu Lindenberg. Auch aus ganz sachlichen Gründen. Die von Bürgermeister Gehrke angestrebten 17.000 Einwohner werden schon mit den bestehenden Bauprojekten EKBO Lindenberger Straße, BONAVA Kirschenallee und Kaufpark Eiche erreicht. Und die Infrastruktur ist jetzt schon unzureichend. Und wenn sich die Verwaltung und geneigte Mitglieder der Gemeindevertretung noch so sehr für Herrn Winter ins Zeug legen: Nichts geht ohne Akzeptanz der Bevölkerung. Es ist jedoch verwunderlich, dass die Spitze der Verwaltung vehement die Interessen von vermeintlichen Bodenspekulanten gutheißt und damit gegen einen Teil ihrer Bevölkerung agiert, die sie bezahlen. Heißt es nicht: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing!
Und noch ein Grund: Für die Schulen und auch das entstehende Gymnasium sind vielleicht nicht genug Schüler vorhanden. Um aber die Millioneninvestitionen halbwegs zu rechtfertigen, muss also gebaut und Zuzug angelockt werden. Wird so Bauplanung a la Bürgermeister gemacht? Bedarf der Ahrensfelder, was ist das? Haben Sie schon einmal gehört, dass ein von Ihnen gewählter Gemeindevertreter sagt: Es reicht mit dem Wachstum und fragt was bringt dieses Wachstum den Einwohnern? Nein, da können Sie lange warten. Der Nobelpreisträger Simon Kuznets hatte schon 1934, Wachstum in der Wirtschaft betreffend gefragt, was es wo für einen Sinn  habe? Diese kluge Frage sollten wir uns und erst recht die Abgeordneten auch immer stellen, wenn es um Zuwachs an Bevölkerung und  Siedlungsbau geht.

Simon Smith Kuznets, Nobelpreis 1971 für Wirtschaftswissenschaften

Sicher, das Interesse aus Berlin in den sogenannten Speckgürtel zu ziehen sei nach wie vor groß, so, dass ein sachkundiger Einwohner der AfD sogar davon überzeugt ist, dass Ahrensfelde in naher Zukunft ein Teil von Berlin sein wird. Unsere Gärtchen und Einfamilienhäuser umgeben von 14-stöckigen Wohnriesen. Eine Horrorvorstellung. Natürlich ist der Wunsch aus der Hauptstadt ins Ländliche zu ziehen groß. Kein Wunder, stiegen laut dem Leib- und Magenblatt der Spekulanten "Immobilienzeitung" die Mieten in Berlin bei Neuvermietung von 2021 zu 2022 um sage und schreibe 24,1 Prozent! Das sind Mondpreise!!  Aber es gibt keinen Wohnungsmangel in Berlin, denn die Werbung für neu erbaute Luxusimmobilien überschlägt sich mit Angeboten. Preise und Perversitäten sind grenzenlos. Ein eigener Fahrstuhl für das Auto im Loft in der fünften Etage, kein Problem.

Immobilienwerbung für Car-Loft

Nur gehen die Familien mit der Absicht in Ahrensfelde das Wohnglück zu finden von absolut falschen Voraussetzungen aus. Erstens sind die Dörfer der Großgemeinde dank einer verfehlten langfristigen Wohnungspolitik der von der CDU geführten Gemeindevertretung längst keine ländliche Idylle mehr. Eine Siedlung nach der anderen entstand, ohne die Infrastruktur angemessen zu entwickeln. Moderne Arbeitsplätze sind Fehlanzeige, Arztpraxen sind am Ende ihrer Kapazität, Freizeiteinrichtungen bis auf einzelne Spielplätze Null, Gaststätten oder Cafés in den Ortsteilen eher wünschenswert, als vorhanden und so weiter und so fort. Der zweite Trugschluss, dem Mietwucher in Berlin nach Ahrensfelde zu entfliehen. Die Bodenrichtwerte haben fast astronomische Höhen erreicht und ein simples Reihenhäuschen mit Garten ist kaum unter einer halben Million Euro zu bekommen. 
Auch kein Pappenstiel. Denn Herr Winter hat zugegeben, dass er gar nicht die Absicht hat, sozialverträglich zu bauen. 

Reihenhaussiedlung in Ahrensfelde

Der Bedarf, der immer an die Wand gemalt wird, ist dennoch nicht der Bedarf der Ahrensfelder, sondern größtenteils der Zuzügler aus Berlin. Nun sind wir einerseits solidarisch aber andererseits nicht dazu da, die kriminelle Wohnungspolitik des Berliner Senats über Jahrzehnte zu korrigieren. Zu bedarfsgerecht bauen für die Ahrensfelder Einwohner habe ich im jüngsten Bauausschuss einen Vorschlag gemacht, der leider bei den Abgeordneten auf taube Ohren stieß, nicht aber bei den anwesenden Zuschauern.
Viele unserer älteren Bürger leben leider nun allein in ihren viel zu großen Häusern mit viel zu großem Garten. Sie würden gern in eine altersgerechte Wohnung, ob zur Miete oder zum Kauf in ihren Ortsteilen ziehen. Wie wäre es, wenn die Wohnungsbaugesellschaft Werneuchen, in die wir ja eintreten wollen, diese Häuser kauft und saniert, und sie an junge Familien zu moderaten sozialen Konditionen vermietet oder auf Kreditbasis verkauft. Mit dem Geld als Verkäufer könnten sich unsere älteren Bürger moderne, anspruchsvolle Zweiraumwohnungen leisten, ob zur Miete oder zum Kauf, die in den Lücken der Ortsteile durch die gemeinsame Wohnungsbaugesellschaft errichtet werden. Damit wäre unseren heranwachsenden jungen Familien und den alleinstehenden Senioren geholfen. So etwas nennt man bedarfsgerecht! 
Nur einen Pferdefuß hätte die Sache, daran wäre kein gewinnorientierter Spekulant beteiligt, was bisher bei uns Gang und Gäbe war. Wenigstens diskutieren könnte man doch darüber, denn dass dieser Bedarf da ist, steht außer Frage.
Fotos Autor, Illustrationen Archiv

P.SJa, ich habe die Kommentarfunktion bewusst abgeschaltet, um nicht Opfer wüster Beschimpfungen, anonymer Beleidigungen, feiger Lügen und kruder Ideen zu werden. Das heißt nicht, dass ich mich Diskussionen, auch Kritik verschließe. Wer mit offenem Visier mit mir reden will, trifft mich ab Juli jeden 2. Donnerstag eine halbe Stunde vor dem Bauausschuss, der um 19.00 Uhr beginnt, vor dem Ortsteilzentrum Ahrensfelde.

 

 

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