Wann wird das Versprechen für mehr Bürgerbeteiligung eingelöst?
Für die Rathausmitarbeiter und ihrem Chef ist die Sache
klar: Bürgerbeteiligung ist lästig, wird oft als Einmischung in ihre Angelegenheiten verstanden, macht Arbeit. Deshalb
darf es keine Diskussionen darüber geben. Aber solange darüber nicht diskutiert
wird, ist es der Schein, dass alles in Ordnung ist. Aber das funktioniert so nicht.
Es darf doch keine Farce sein, wenn es heißt: Nach Artikel 20 des Grundgesetzes übt das Volk, also auch jeder Einwohner von Ahrensfelde, die Staatsgewalt aus. Einmal durch Wahlen, also durch unsere gewählten Abgeordneten und zweitens durch Bürgerbeteiligungen, also direkte Demokratie. Dass das ein schöner Spruch ist, aber mit der Wahl des Bundestages wenig zu tun hat, ist eine Sache. Aber hier in Ahrensfelde haben wir selbst die Teilnahme an Entscheidungen und die Einflussnahme am Geschehen und der Entwicklung unserer Gemeinde in der Hand. Auch wenn Bürgermeister Gehrke nicht müde wird, zu deklamieren, wie gut wir gegenüber anderen Gemeinden sind, was schon viel Schmunzeln ausgelöst hat, wenn nicht Lacher. In der Bürgerbeteiligung sind wir nicht einmal Mittelmaß.
Alles entwickelt sich und wer klug ist,
bindet so viel Bürger wie möglich in die Vorbereitung von Entscheidungen ein.
Das heißt nicht, sich seinen Segen im Rathaus zu holen, sondern nach Luther "dem Volk aufs Maul geschaut" auf der Straße,
bei den Eltern in der Kita und in der Schule, bei der Seniorin auf der Bank
oder dem Apotheker, der Kassiererin bei Netto oder aber auch beim Verein Lebenswerte
Gemeinde Ahrensfelde. In Mehrow, Blumberg und Ahrensfelde sind die Bürger mehrheitlich gegen weitere Wohnsiedlungen.
Ein Viertel aller Einwohner der Gemeinde, Kinder eingerechnet, haben sich bei einer Befragung gegen die Wohnbebauung der evangelischen Kirche ausgesprochen. Schlussfolgerung unserer Volksvertreter für ihre Entscheidungen: Keine!!!!
Der Gesetzgeber räumt viele neue
Formen der Mitbestimmung ein, die möglich sind. Weil aber offensichtlich die
Gemeindevertreter nicht gewillt sind, über eine Revision der
Einwohnerbeteiligung nachzudenken, es vielleicht nicht für so wichtig erachten oder neue Formen nicht kennen, hier eine
kleine Auswahl:
1. Zusammenkünfte
von Bürgern/ Bürgerforen. Was sind Bürgerforen? Kommissionen,
deren Mitglieder die Gemeinde nach dem Zufallsprinzip auswählt. Ihr Bürgergutachten
dient als Entscheidungshilfe.
2. Bürgerwerkstatt.
Bürger beteiligen sich bereits bei der Entwicklung von Ideen, insbesondere
zur kommunalen Bauplanung. Die Bürgerwerkstatt setzt weitaus früher an, als es
nach dem Baugesetzbuch verpflichtend vorgesehen ist. Die Teilnahme basiert
nicht auf einer Zufallsauswahl, sondern auf dem Interesse und der Sachkenntnis
der Bürger.
3. Nachbarschaftsgespräche. Vertreter der Verwaltung diskutieren mit einer Gruppe zufällig
ausgewählter Bürger. Dabei geht es um das bisherige und künftige Zusammenleben
im kommunalen Umfeld.
4. Aktivierende Befragung. Die Gemeinde befragt Bürger, insbesondere zu wohnortsbezogenen Themen. Die Befragung soll Bürger anregen, für ihre Interessen einzutreten und zu kommunalen Problemen Lösungen zu entwickeln.
5. Bürgerpanel. Die Gemeinde befragt in regelmäßigen Abständen eine bestimmte, möglichst
große Gruppe repräsentativ ausgewählter Bürger zu ihrer Arbeit in der
Kommunalpolitik. Ziel ist es, abzubilden, wie sich die Meinung der Bürger über
mehrere Jahre hinweg verändert. Dazu gehören auch die Vorschläge von Bürgern
und ihre Umsetzung.
6. Bürgerhaushalt. Die Verwaltung einer Gemeinde bemüht sich um mehr Haushaltstransparenz und
lässt die Bürger mindestens über einen Teil der frei verwendbaren
Haushaltsmittel beratend oder verbindlich mitwirken.
7. Kommentierung
von Regelungsentwürfen im Netz. Die Gemeinde veröffentlicht den FNP und
seine Veränderung sowie Raumordnungspläne auf ihrer Netzseite. Bürger können
offen oder anonym Kommentare oder Vorschläge hinterlassen, die andere Bürger
einsehen können.
8. Online-Sprechstunde. Bürger können vorab und während der Sprechstunde über soziale Medien Fragen
stellen. Ein Abgeordneter und kein Verwaltungsmitarbeiter beantwortet die
Fragen, während Bürger Videoaufnahmen der Sprechstunde zeitgleich oder später
im Netz verfolgen können
9..Begründungspflicht staatlicher Stellen Falls die Verwaltung oder die Gemeindevertretung Bürgervorschläge nicht verwirklicht, muss sie dies fachlich und öffentlich begründen.
Zumindest lohnte es sich, darüber nachzudenken. Und wenn unsere Abgeordneten nicht zu selbstgefällig und der Meinung sind, sie können alles in dieser komplizierteren Welt auch bei uns selbst überschauen und die besten Lösungen in der Debatte finden, dann sollten, ja dann müssen sie ernst machen mit ihrem Versprechen, mehr und erfolgreiche Bürgerbeteiligung anzugehen und endlich eine neue Einwohnerbeteiligungssatzung erarbeiten. Das wäre eine noble Geste gegenüber der neu zu wählenden Gemeindevertretung.
Fotos Moreike, Karikatur Archiv, Grafik Gemeinde Ahrensfelde
Nachtrag: Ich hatte ja geschrieben, dass ich für das Sitzungsgeld im Bürgerinteresse tätig bin. Deshalb noch einmal zur Erinnerung. Vor jeder Beratung des Bauausschusses, jetzt wieder am 14. September, werde ich vor dem OTZ ab 18.15 Uhr mich den Fragen, Kritiken zu meinem Blog: "Moreikes Ahrensfelde" und Anregungen der Ahrensfelder stellen. Da ich kein Büro habe, muss es die Bank auch tun. Also bis dann.