Wann wird das Versprechen für mehr Bürgerbeteiligung eingelöst?

Auf dem Ohr sind fast alle Fraktionen taub, obwohl sie es den Bürgern vor der Wahl hoch und heilig versprochen hatten: Mehr echte Bürgerbeteiligung. Das sind ja keine goldenen Berge, denn es wäre mit einem bisschen guten Willen erfüllbar. Denn unsere Einwohnerbeteiligungssatzung gestattet lediglich das Notwendige, gesetzlich Vorgeschriebene und hat mit entwickelter Demokratie genau so wenig zu tun wie ich mit Bürgermeisters Hühner. Diese Satzung ist zu wichtig, um immer nur kosmetische oder vom Gesetzgeber geforderte Veränderungen vorzunehmen. Kommunale Selbstverwaltung heißt auch, werte Abgeordnete, diese wichtige Form der direkten Demokratie nicht den Bürokraten im Rathaus zu überlassen.

Für die Rathausmitarbeiter und ihrem Chef ist die Sache klar: Bürgerbeteiligung ist lästig, wird oft als Einmischung in ihre Angelegenheiten  verstanden, macht Arbeit. Deshalb darf es keine Diskussionen darüber geben. Aber solange darüber nicht diskutiert wird, ist es der Schein, dass alles in Ordnung ist. Aber das funktioniert so nicht.

Es darf doch keine Farce sein, wenn es heißt: Nach Artikel 20 des Grundgesetzes übt das Volk, also auch jeder Einwohner von Ahrensfelde, die Staatsgewalt aus. Einmal durch Wahlen, also durch unsere gewählten Abgeordneten und zweitens durch Bürgerbeteiligungen, also direkte Demokratie. Dass das ein schöner Spruch ist, aber mit der Wahl des Bundestages wenig zu tun hat, ist eine Sache. Aber hier in Ahrensfelde haben wir selbst die Teilnahme an Entscheidungen und die Einflussnahme am Geschehen und der Entwicklung unserer Gemeinde in der Hand. Auch wenn Bürgermeister Gehrke nicht müde wird, zu deklamieren, wie gut wir gegenüber anderen Gemeinden sind, was schon viel Schmunzeln ausgelöst hat, wenn nicht Lacher. In der Bürgerbeteiligung sind wir nicht einmal Mittelmaß.

Alles entwickelt sich und wer klug ist, bindet so viel Bürger wie möglich in die Vorbereitung von Entscheidungen ein. Das heißt nicht, sich seinen Segen im Rathaus zu holen, sondern nach Luther "dem Volk aufs Maul geschaut" auf der Straße, bei den Eltern in der Kita und in der Schule, bei der Seniorin auf der Bank oder dem Apotheker, der Kassiererin bei Netto oder aber auch beim Verein Lebenswerte Gemeinde Ahrensfelde. In Mehrow, Blumberg und Ahrensfelde sind die Bürger mehrheitlich gegen weitere Wohnsiedlungen.

Ein Viertel aller Einwohner der Gemeinde, Kinder eingerechnet, haben sich bei einer Befragung gegen die Wohnbebauung der evangelischen Kirche ausgesprochen. Schlussfolgerung unserer Volksvertreter für ihre Entscheidungen: Keine!!!!

Der Gesetzgeber räumt viele neue Formen der Mitbestimmung ein, die möglich sind. Weil aber offensichtlich die Gemeindevertreter nicht gewillt sind, über eine Revision der Einwohnerbeteiligung nachzudenken, es vielleicht nicht für so wichtig erachten oder neue Formen nicht kennen, hier eine kleine Auswahl: 

1. Zusammenkünfte von Bürgern/ Bürgerforen. Was sind Bürgerforen? Kommissionen, deren Mitglieder die Gemeinde nach dem Zufallsprinzip auswählt. Ihr Bürgergutachten dient als Entscheidungshilfe.

2. Bürgerwerkstatt. Bürger beteiligen sich bereits bei der Entwicklung von Ideen, insbesondere zur kommunalen Bauplanung. Die Bürgerwerkstatt setzt weitaus früher an, als es nach dem Baugesetzbuch verpflichtend vorgesehen ist. Die Teilnahme basiert nicht auf einer Zufallsauswahl, sondern auf dem Interesse und der Sachkenntnis der Bürger.

3. Nachbarschaftsgespräche. Vertreter der Verwaltung diskutieren mit einer Gruppe zufällig ausgewählter Bürger. Dabei geht es um das bisherige und künftige Zusammenleben im kommunalen Umfeld.

4. Aktivierende Befragung. Die Gemeinde befragt Bürger, insbesondere zu wohnortsbezogenen Themen. Die Befragung soll Bürger anregen, für ihre Interessen einzutreten und zu kommunalen Problemen Lösungen zu entwickeln.

5. Bürgerpanel. Die Gemeinde befragt in regelmäßigen Abständen eine bestimmte, möglichst große Gruppe repräsentativ ausgewählter Bürger zu ihrer Arbeit in der Kommunalpolitik. Ziel ist es, abzubilden, wie sich die Meinung der Bürger über mehrere Jahre hinweg verändert. Dazu gehören auch die Vorschläge von Bürgern und ihre Umsetzung.

6. Bürgerhaushalt. Die Verwaltung einer Gemeinde bemüht sich um mehr Haushaltstransparenz und lässt die Bürger mindestens über einen Teil der frei verwendbaren Haushaltsmittel beratend oder verbindlich mitwirken.

7. Kommentierung von Regelungsentwürfen im Netz. Die Gemeinde veröffentlicht den FNP und seine Veränderung sowie Raumordnungspläne auf ihrer Netzseite. Bürger können offen oder anonym Kommentare oder Vorschläge hinterlassen, die andere Bürger einsehen können.

8. Online-Sprechstunde. Bürger können vorab und während der Sprechstunde über soziale Medien Fragen stellen. Ein Abgeordneter und kein Verwaltungsmitarbeiter beantwortet die Fragen, während Bürger Videoaufnahmen der Sprechstunde zeitgleich oder später im Netz verfolgen können

9..Begründungspflicht staatlicher Stellen Falls die Verwaltung oder die Gemeindevertretung Bürgervorschläge nicht verwirklicht, muss sie dies fachlich und öffentlich begründen.

Zumindest lohnte es sich, darüber nachzudenken. Und wenn unsere Abgeordneten nicht zu selbstgefällig und der Meinung sind, sie können alles in dieser komplizierteren Welt auch bei uns selbst überschauen und die besten Lösungen in der Debatte finden, dann sollten, ja dann müssen sie ernst machen mit ihrem Versprechen, mehr und erfolgreiche Bürgerbeteiligung anzugehen und endlich eine neue Einwohnerbeteiligungssatzung erarbeiten. Das wäre eine noble Geste gegenüber der neu zu wählenden Gemeindevertretung.

Fotos Moreike, Karikatur Archiv, Grafik Gemeinde Ahrensfelde

Nachtrag: Ich hatte ja geschrieben, dass ich für das Sitzungsgeld im Bürgerinteresse tätig bin. Deshalb noch einmal zur Erinnerung. Vor jeder Beratung des Bauausschusses, jetzt wieder am 14. September, werde ich vor dem OTZ ab 18.15 Uhr mich den Fragen, Kritiken zu meinem Blog: "Moreikes Ahrensfelde" und Anregungen der Ahrensfelder stellen. Da ich kein Büro habe, muss es die Bank auch tun. Also bis dann.

 

 

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