Wirbel und Irrtümer in Ahrensfelde um ein Ehrenrichteramt
Es gibt noch immer Wirbel um die geheimnisvolle
Ablehnung der Bewerber als Schöffen in der Gemeindevertretung. Ich war acht
Jahre lang gern Schöffe am Amtsgericht Bernau und bin beinahe sprachlos, über die Verfahrensweise in
unserer Gemeinde. Sehr wahrscheinlich wurde hier wissentlich oder nicht, ist ja auch egal, gegen
Gesetze verstoßen. Deshalb versuche ich noch einmal grundsätzlich etwas
aufzuklären. Schöffen sind Teil der Rechtsprechung, der dritten Gewalt im
Staat. Sie sind ehrenamtliche Richter im Strafverfahren. Das Schöffenamt ist
ein Pflichtehrenamt. Jeder
deutsche Staatsbürger, der bei Amtsbeginn zwischen 25 und 70 Jahren alt und
gesundheitlich in der Lage ist sowie seinen Wohnsitz in der jeweiligen Kommune
hat, kann verpflichtet werden. Ablehnen
geht nur bei persönlichen, beruflichen oder wirtschaftlichen Härtefällen.
Karikatur aus der Broschüre für Schöffen des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung Sachsen-Anhalt
Das heißt, nicht
die Gemeindevertretung oder einzelne Mitglieder können Kandidaten für das
Schöffenamt ablehnen, die alle gesetzlichen Kriterien erfüllen. Das wäre Willkür und ein selbstherrlicher Eingriff in die
staatlichen Gesetze, denn "Das
Schöffenamt ist ein Ehrenamt (§§ 31, 77 des Gerichtsverfassungsgesetzes – GVG
–). Jeder Staatsbürger ist zur Übernahme dieser ehrenamtlichen Tätigkeit
verpflichtet."
Warum hat denn niemand erst einmal nachgesehen, ob eine Ablehnung rechtlich
überhaupt möglich ist? Ablehnen dürfen es nur die Bürger selbst in Härtefällen
oder in bestimmten Berufsgruppen wie Polizeibeamte, Ärzte oder Hebammen und
keine persönlichen Animositäten Einzelner. Gemeindevertreter müssen die Ablehnung
mit der Nichteignung entsprechend der gesellschaftlich vorgegebenen Kriterien
begründen. Alles andere ist Kokolores.
Ich habe ohnehin erlebt, dass
persönliche Befindlichkeiten und fehlende Argumente Grundlage für die eine oder
andere Entscheidung in unserem Gemeindeparlament sind. Nun, keiner kann über
seinen Schatten springen, aber wir alle sollten es versuchen.
Noch einmal zum Mitschreiben die aktuelle gültige Aussage der entsprechenden Gesetze: Unter grundsätzliche
Eignungsvoraussetzungen ist zu verstehen: Schöffen
können wegen Befangenheit abgelehnt werden, wenn sie für das Schöffenamt ungeeignet
sind. Zu den generellen Voraussetzungen gehört, dass Schöffen Deutsche sind,
die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter besitzen, sie nicht wegen einer
vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten
verurteilt sind und kein Ermittlungsverfahren wegen einer Straftat schwebt, die
den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter zur Folge haben
kann (§§ 31,32 GVG). Sie müssen das 25. Lebensjahr vollendet und sie
dürfen das 70. Lebensjahr nicht überschritten haben. Sie müssen der
deutschen Sprache mächtig und dürfen nicht in Vermögensverfall geraten sein ( § 33 GVG). Punkt.
Gegen welche dieser Kriterien haben, bitteschön, einige
Kandidaten verstoßen? Gegen keine, denn eine Begründung der Ablehnung gab es
wohl nicht. Könnte also die Bumerang-Frage aufkommen, ob auch alle Gemeindevertreter für das Ehrenamt
geeignet sind? Heißt es doch im § 30 der Brandenburger Kommunalverfassung (BbgKVerf) unter Rechte der
Gemeindevertreter: "(1) Die
Gemeindevertreter üben ihr Amt nach ihrer freien, dem Gemeinwohl verpflichteten
Überzeugung im Rahmen des geltenden
Rechts aus." Und ich bin so frei und ergänze etwas anmaßend aus dem
bisher Geschriebenen: Vorurteilsfrei!
Ja, ich weiß, niemand von uns hat das
Bürgerliche Gesetzbuch im Kopf oder in der Tasche und auf Wikipedia ist auch
kein Verlass. Aber dafür haben wir rechtskundige Mitarbeiter in der Verwaltung,
die gern bereit sind, bei solchen Unsicherheiten jeden gewählten oder berufenen
Bürger verbindlich rechtlich zu beraten.
Am 12. Oktober, eine dreiviertel Stunde vor der Beratung des "Bauausschusses" so um 18.15 Uhr, sitze ich wieder auf der Bank vor dem Ortsteilzentrum Ahrensfelde für Kritiken zu und Vorschläge für meinen Blog und darüber hinaus für Gespräche bereit.