Ja, so gesehen ist es Reklame für ein Buch und gleichzeitig in eigener Sache für uns alle. Ich habe mir ein kleines Büchlein gekauft, nur so um die 30 Seiten stark und im Taschenformat. Sein Autor ist Ferdinand von Schirach, der heute erfolgreichste deutsche Schriftsteller. Gut, bei dem Namen klingelt es bei geschichtsbewussten Menschen. Ja, er ist Enkel des NS-Reichsjugendführers Baldur von Schirach. Aber auch ein Nachfahre von Arthur Middleton, einem Gründungsvater der USA und Mitunterzeichner deren Unabhängigkeitserklärung. Dieses bemerkenswerte Büchlein trägt den Titel "Jeder Mensch" und schlägt für die EU-Charta sechs neue Artikel vor. Warum? Denn die europäische Charta wurde 2009, also zu einer Zeit geschrieben, als viele heutige Probleme natürlich noch nicht so zugespitzt anstanden. So die Globalisierung, das Internet oder der Klimawandel. Die Zeit, in der wir leben, hat globale Umwälzungen mit sich gebracht, so dass die Charta um weitere Grundrechte erweitert werden muss. Sie werden jetzt diskutiert, denn sie sind alle interessant und notwendig! Aber ich habe überlegt, welche wohl nicht nur für die große Europäische Staatengemeinschaft, sondern auch für unser daran gemessen kleines Ahrensfelde sofort als ein Leitfaden oder von mir auch Kodex unserer Handlungen verpflichtend werden sollten.

Da ist schon allein der erste Artikel: Jeder Mensch hat das Recht, in einer gesunden und geschützten Umwelt zu leben. Das müsste eigentlich selbstverständlich sein! Aber dass da Nachdenken und Umdenken in unserer Gemeinde notwendig ist, zeigt allein der Fakt, dass in dem Ausschuss für Wirtschaft, Bauwesen, Umwelt und Natur seit Jahren in der Zahl verschwindend geringe Anträge für den Umwelt- und Naturschutz auf den Tisch kamen. Die Betonierung gewaltiger Ackerflächen hingegen gang und gäbe war und leider noch ist. Nun hat Bürgermeister Gehrke selbstkritisch eingeräumt, dass oft nur einzelne Projekte im Blickfeld standen und das große Ganze jetzt mehr in den Mittelpunkt gerückt werden müsse. Mir ging fast das Herz auf über so viel Selbsterkenntnis, aber ich bin skeptisch gegenüber schönen Worten. Also heißt das auch, jedes neue Vorhaben muss auf seinen Eingriff in die Natur hin und das gesunde Leben der Ahrensfelder auf den Prüfstand. Oder auch, begangene Fehler sind zu korrigieren.
Ja nicht ein oder zwei Bäume zu pflanzen und sich dabei für die Lokalpresse ablichten lassen, sondern wenigstens ein kleines Wäldchen von solchen Schattenspendern und Sauerstoffproduzenten, die sowohl Starkregen als auch Trockenperioden aushalten, wie der Dreizahnahorn, die Gemeine Hainbuche, die Flaumeiche, der Silberahorn, die Schmalblättrige Ölweide oder sogar die Libanonzeder.
Aber auch der vierte Artikel hat es in sich, ist Sprengstoff. Ich will da niemand etwas unterstellen, aber Halbwahrheiten und das Weglassen wichtiger Informationen und Zusammenhänge habe ich seit 21 Jahren in unserer Gemeinde auch oft erlebt. Und so fordert der vierte Artikel: Jeder Mensch hat das Recht, dass Äußerungen von Amtsträgern der Wahrheit entsprechen. Lassen wir einmal die große Politik mit ihren nie eingelösten Wahlversprechen, sondern hoffen wir, dass wir bei uns nur die Wahrheit hören und selbst verbreiten, denn das sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Nicht mehr und nicht weniger steht auch im "Offenen Brief für kommunalpolitische Transparenz und demokratische Hygiene in Ahrensfelde" und wer etwas Anderes behauptet, der nimmt es mit dem vierten Artikel nicht so genau.
Fotos: Moreike, Archiv