Frohe Weihnacht, das Fest der Liebe - aber nicht für alle
Gewöhnlich beschäftige ich mit inhaltlichen Fragen aus der Gemeindevertretung. Aber diesmal muss ich über das Klima reden. Dass es die Opposition nicht leicht hat in einem Gremium, das mir vorkommt, wie ein Abbruchunternehmen des Bürgerwillens, habe ich ja erfahren. Und während der Bürgermeister von Besinnung und Werte wie Zusammenhalt, Nächstenliebe und Solidarität in der Weihnachtszeit spricht, erlebte ich einen Akt der Häme und von fehlendem Anstand, der mich an die Zeiten eines SED-Parteiverfahrens in der DDR erinnerte. Der Eindruck bestärkte sich, dass diese Ungeheuerlichkeit ausgerechnet von der Fraktionsvorsitzenden der Linken, Frau Emmrich, losgetreten wurde. Sie beantragte gleich zu Beginn der Sitzung, gegen das Mitglied der Gemeindevertretung Seiler disziplinarisch vorzugehen, weil er angeblich jemanden den Vogel gezeigt hätte. Nun, dass Takt und Kollegialität nicht die Stärke dieser Frau sind, das war wieder der beste Beweis. Nachdem erklärt wurde, dass es die Möglichkeit einer Rüge gäbe, wurde abgestimmt und der Chor der vereinten kommunalen Front stimmte mehrheitlich dafür.
Weshalb aber ist das nicht nur pikant, sondern ein meinen Augen schäbig und warum hat das Frau Hübner (CDU), die Vorsitzende einfach zugelassen? Jeder kann zu dem Abgeordneten Seiler stehen, wie er will, aber das hat er nun wirklich auch aus sachlichen Gründen nicht verdient. Nicht weil er kluge Anträge stellt, bis auf's Messer, wie Frau Hübner einmal formulierte, streitet und sogar provoziert. Stört es vielleicht einige aus dem Schlafwagen, dass er in Sachthemen gut informiert ist und fundiert argumentiert? Denn erstens war der so Gescholtene mit dem angeblichen Fehlverhalten nicht anwesend und konnte zu dem Vorwurf nicht Stellung nehmen. Er hat, das ist ihm anzurechnen, noch gearbeitet. Das war also in höchstem Maße unredlich, ja böswillig und feige. In dubio pro reo.
Und zweitens bin ich der Meinung, Angelegenheiten, die nur Mitglieder der Gemeindevertretung betreffen, gehören in den nichtöffentlichen Teil und nicht vor dem Publikum der Bürger. Das schreibt die Kommunalverfassung unter § 36/2 vor: "Die Sitzungen der Gemeindevertretung sind öffentlich. Die Öffentlichkeit ist auszuschließen, wenn überwiegende Belange des öffentlichen Wohls oder berechtigte Interessen Einzelner es erfordern." Dass das berechtigte Interessen des Abgeordneten Seiler betraf, steht doch wohl außer Frage, denn es geht schließlich um seinen guten Ruf.
Aber das störte die Anwesenden nicht, von denen wohl kaum einer die Kommunalverfassung kennt oder wenn doch, einfach nicht danach handelt. Ich habe die Häme auf einigen Gesichtern gesehen, genau auch bei jenen, die entweder ausländerfeindliche Parolen ohne jeden Ordnungsruf ablassen können oder jene, die sich gegenüber saßen und die gespreizten Finger an der Nase bewegten wie kleine Kinder, als ein Antrag abgelehnt wurde. Und das sind unsere besten Bürger, die in die Gemeindevertretung gewählt wurden? Und da werde ich gefragt, warum ich manchmal mit der Gemeindevertretung so hart ins Gericht gehe?
Und noch ein interessanter Aspekt. Niemand fragte nach, worum es sich handelt, niemand kam auf die ehrenwerte Idee, diese Frage zumindest zu verschieben. Es hatte den Anschein, als wäre die ganze Sache schon im Vornherein abgekartet. Schluss damit, es war peinlich genug, auch wie schnell und demonstrativ der Arm des Bürgermeisters bei der Abstimmung für die Rüge in die Höhe schoss.
Ein zweites, mir wichtig erscheinendes Thema, war die Auswertung, besser das Ergebnis der Online-Umfrage, denn eine Auswertung wird es nicht geben, jeder Abgeordnete soll sich eine Meinung bilden, so sinngemäß der Bürgermeister. Insgesamt hätten 1.195 Bürger teilgenommen und 57 % waren gegen die Änderung des Flächennutzungsplanes und 43 % dafür, um das Winterdorf zu bauen. Dass natürlich nicht erfasst werden konnte, ob jeder, der seine Stimme anonym abgab, aus Lindenberg oder auch schon 16 Jahre war, konnte nicht erfasst werden. So bleibt in der Aussage ein hoher Unsicherheitsfaktor. Ich hatte mich ja zu der Frage verstiegen, ob das nicht auch gewollt war?
Die Ergebnisse werden im Januar, aufgeschlüsselt auf namentlich abstimmende Bürger und anonyme, im Amtsblatt erscheinen wie auch die berühmte Pinnwand aus der Einwohnerversammlung am 12. Dezember, an der geschätzt 120 Einwohner teilgenommen und für die Vorbereitung und Moderation Prof. Jung ein Honorar von 6.000 Euro erhalten hatte. Ich äußerte nun die Bitte, weil das Gelärme unter den Gemeindevertretern groß war, als es um Transparenz ging, künftig den Initiator der Bürgerbefragung, die ja eine kleine Wahl war, die Chance zu geben, bei der Auszählung mit dabei zu sein. Ich kann da immer wieder nur einen gewissen Ulyanow zitieren: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
PS. Das habe ich nicht geschrieben, weil Patrick Seiler ein zuverlässiger, kluger und ehrenhafter Mensch ist, oder gar ein Freund, sondern weil in dieser Gemeindevertretung ein Klima herrscht, das zum Himmel stinkt, weil hier keine Ideen und Visionen eine Rolle spielen, sondern kleinliches Gehabe, Zufriedenheit und Mittelmaß. Das ist meine Meinung. Punkt.
Foto und Gemälde : Autor, Zeichnung Archiv