Viele Fragen ohne Antworten - ein Akt, Demokratie zu inszenieren
Zweitens, dass so viel Lindenberger an diesem Dezemberabend in die Mensa strömten, weil sie nicht nur das Winterdorf so oder so interessierte. Und es waren vor allem die Grauköpfe, die Interesse an der Entwicklung ihrer Heimat, die sie ja aufgebaut und mit Herz, Hirn und Hand gestaltet haben. Auch wenn Bürgermeister Gehrke wieder behauptete, dass wir eine Gemeinde hätten, die die Bürger wollten, gab es doch viele Wortmeldungen, die dagegen sprachen. Niemand wollte diese Garagenbatterien, die nicht wieder erkennbaren Dörfer mit den gesichtslosen Siedlungen, den Verkehr der uns erstickt, fehlende Gastronomie und Einkaufsmöglichkeiten, Mangel an ärztlicher Betreuung und bezahlbaren sowie altersgerechten Wohnraum. Falsches wird durch Wiederholung nicht wahr.
Diese aktive Generation der heutigen Senioren wird leider, wie Gemeindevertreter schon länger und verstockt und nun erneut in den sozialen Medien beweisen, nicht ernst genommen, ja in eine Ecke gestellt. Es sind genau die Gemeindevertreter, die sie aus dem kommunalpolitischen Leben verbannen wollen und einen Seniorenbeirat, der etwas zu sagen hat, fürchten. Aber legt euch nicht mit den Alten an, sie lassen sich nicht so leicht täuschen, wie sie wieder gezeigt haben.
Drittens ist anzuerkennen, dass ein kluger und unabhängiger Mediator versuchte, die Fragen, Wünsche, Anregungen und Kritiken in der Form eines Unternehmerseminars zu ordnen. Dass er zuvor zwei Videokonferenzen mit der Verwaltung, dem Investor und einigen Gemeindevertretern hatte, mag zwar einen Schatten auf seine Neutralität werfen, aber das will ich ihm nicht unterstellen. Schließlich musste er wissen, worum es geht.
Nur dass er viertens die eigentliche Hauptfrage, ob überhaupt gebaut werden und der Flächennutzungsplan dafür geändert werden sollte oder nicht, auf seiner Pinnwand nicht unterbringen konnte oder wollte, das kreide ich ihm an. Leider hatte er nur ein Ohr für die Einwohnerbeiträge, was der Investor und die Gemeindevertreter aus den Fragen und Bedenken beachten sollten, wenn gebaut wird. So zog er auch das Resümee, dass die Verwaltung und die Gemeindevertreter eine solide Basis für ihre Entscheidungen zum Winterdorf hätten. Nicht ganz fair aber wohl bewusst wurde den tumben Einwohnern wieder vorgeführt, dass alles, was sie hier auf dem Herzen hatten, zwar interessant wäre, aber eigentlich keine Rolle spielte. Denn erst nach der Offenlegung der Bauplanung können sie ja ihre Anliegen wie die Träger der öffentlichen Belange einbringen. Dass noch nie seit Jahren ein Einwand der Einwohner Relevanz zuerkannt wurde, muss ja niemand wissen.
Fünftens war ich enttäuscht, dass es zwar viele Fragen und absolut keine Antworten gab. Doch dann wurde mit klar, warum aus der zugesagten Bürgerversammlung kurzerhand eine investorendienliche Informationsveranstaltung durch die Verwaltung gemacht wurde. Das hat wohl Methode. Nun bin ich gespannt, was aus den vielen grünen und blauen Bildchen an der Pinnwand wird.
Übrigens habe ich sechstens Herrn Winter, den Investor beobachtet, der still und fast regungslos im linken Präsidium das Forum beobachtete. Ich weiß nicht, was in ihm vorging, aber hatte den Eindruck, so seine Körpersprache, als dächte er, schwatzt ihr nur, die Messen sind ohnehin schon gesungen, spätestens mit der Mehrheit der Gemeindevertretung im Januar.
Siebentens hielten sich die Ablehnung des Bauprojektes Birkholzer Allee und die Befürwortung, so mein Eindruck, die Waage, wenn ich die bestellten Claqueure einmal vernachlässige. Auf meine Frage nach dem Ergebnis der Onlinebefragung, die ja schon beendet war, bekam ich die Antwort, dass sie am 18. Dezember in der Beratung der Gemeindevertretung veröffentlicht werden würde, weil es da noch einiges zu bearbeiten gilt. Na ja, da denke ich mir so mein Teil. Und denken wird doch wohl erlaubt sein?
P.S. Ich war zu diesem Anlass, wie viele Lindenberger zum ersten Mal in der neuen Ahrensfelder Grundschule. Klar, mein Angebot, dort eine Arbeitsgemeinschaft für bildnerisches Schaffen, also Zeichnen, Malen und in bescheidenem Maße auch Bildhauern, wie ich sie jahrelang im Docemus Campus leitete, offenbar nicht erwünscht ist. Schwamm drüber. Aber ich war entsetzt über den kahlen und nicht enden wollenden Schulhof der roten Betonsteine. Wer denkt sich denn so etwas aus? Hat schon das Gebäude den Charme eines Jugendgefängnisses, so unterstreicht der Schulhof diesen Eindruck.
Fotos: Moreike