Was unredliche Scheinargumente mit der Pfeife des Schiedsrichters zu tun haben
Gehen wir diesem
Scheinargument, das auch in der Versammlung vorgetragen wurde, auf den Grund. Herr
Meuschke (CDU) verstieg sich zu der nicht gerade überzeugenden Behauptung, das viele Jugendliche
die Gemeinde verlassen würden, weil sie hier kein Wohnraum fänden. Der Mann hat
wie immer keine Ahnung. Denn die jungen Lindenberger verlassen ihre Heimat,
weil es hier kaum interessante, zukunftsträchtige und ordentlich bezahlte
Arbeitsplätze gibt. Das ist Fakt und mit dem aktuellen Sozialbericht belegt. Denn
90 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Bürger der Gemeinde Ahrensfelde
pendeln nach außerhalb zu ihrem Arbeitsplatz. Und ob einer von den Jugendlichen
für dreizehn Euro die Stunde im neu entstehenden Lidl-Logistik-Zentrum arbeiten
will, ist mehr als fraglich.
Schauen wir uns das zweite Scheinargument an: Diese Forderung hatte einen lokalpatriotischen Mief, von wegen kein Wohnraum. Denn 500 Meter weiter vom geplanten Baugebiet entsteht eine Siedlung der evangelischen Kirche, deren bauplanerischen Entwurf der Gemeindevertreter Länger (AfD), dessen Sohn in Lindenberg eine kleine Single-Wohnung vergeblich sucht, mit höchstem Lob bedacht hat. Und noch ein Wohnungssuchender hatte sich zu Wort gemeldet, ein Trainer von Grün-Weiß-Ahrensfelde, der händeringend Wohnraum für seine Spieler sucht. Auch hier bietet sich praktisch besonders günstig die EKBO-Siedlung Ulmenallee/Lindenberger Straße an, denn aus ihren Wohnungen können die Spieler die Pfeife des Schiedsrichters hören, wenn er zum Spiel anpfeift. Sie könnten sogar bequem in der Halbzeitpause in aller Ruhe einen Tee zu Hause genießen. Besser geht's nicht, Trainer!
Auch der Sprecher aller Senioren begrüßte mehr oder weniger das Projekt, denn dann würden die Senioren aus ihren viel zu großen Häusern in das versprochene idyllische Winterdorf ziehen. Quatsch. Erstens sind verbindlich alters- und behindertengerechte Wohnungen sowohl in der EKBO-Siedlung, dann bei der Stephanusstiftung in der Kirschenallee und auch am Kaufpark Eiche fester Planinhalt. Braucht es da noch die in der Birkholzer Allee? Zweitens ist das eine Idee von mir, quasi geistiges Plagiat. Das habe ich schon im Bauausschuss vor einem haben Jahr in viel breiterem Sinne vorgeschlagen:
"Viele unserer älteren Bürger leben leider nun allein in ihren viel zu großen Häusern mit viel zu großem Garten. Sie würden gern in eine altersgerechte Wohnung, ob zur Miete oder zum Kauf in ihren Ortsteilen ziehen. Wie wäre es, wenn die Wohnungsbaugesellschaft Werneuchen, in die wir ja eintreten wollen, diese Häuser kauft und saniert, und sie an junge Familien zu moderaten sozialen Konditionen vermietet oder auf Kreditbasis verkauft. Mit dem Geld als Verkäufer könnten sich unsere älteren Bürger moderne, anspruchsvolle Zweiraumwohnungen leisten, ob zur Miete oder zum Kauf, die in den Lücken der Ortsteile durch die gemeinsame Wohnungsbaugesellschaft errichtet werden. Damit wäre unseren heranwachsenden jungen Familien und den alleinstehenden Senioren geholfen. So etwas nennt man bedarfsgerecht!"
Also was sind das für Leute, die so unsinnige Scheinargumente vorbringen und warum? Nun, auf jeden Fall Leute, die auf das Klima, die Umwelt, den Schutz des Gutes Bodens noch die Meinung einer großen Zahl von Neu-Lindenberger und überzeugende Sachargumente pfeifen.
Dass der Mediator mehr auf Ausgleich, ich meine Friede, Freude Eierkuchen aus war, scheint mit dem vorangegangenen Briefing zusammen hängen, denn er war vom Contra der Lindenberger sichtlich überrascht. Ansonsten hat er sich redlich bemüht.
Und eine letzte Bemerkung als Fachmann. Die Märkische Oderzeitung, unser Leib- und Magenblatt des Barnim, schickte den Leiter der Lokalredaktion Bernau zu der Veranstaltung. Sein Artikel in der MOZ entsprach den Fähigkeiten des Autors, der heute hier und morgen da ist, also kaum Zeit hat, sich mit der Materie vertraut zu machen. Die persönlichen Beobachtungen sind eine Seite, die Auswahl und die Wertung eine andere. Zunächst, er schrieb Unsinn, wenn er die Leute, die mit sachlichen Argumenten das Projekt ablehnten, als Gegner ihrer Nachbarn bezeichnete. So vergaß er seine journalistische Neutralität und spannte sich, sicher unbewusst, vor den Karren des nach Profit strebenden Investors Thomas Winter. Die Zeit reichte wohl auch nicht, um mit den Opponenten und Befürwortern zu sprechen und ihre Motive zu hinterfragen. Das hätte ich, schon als journalistischer Volontär vor genau 60 Jahren, getan. Ja, Lokaljournalismus ist ein hartes Geschäft.