Bauausschuss im Bann einer anmaßenden Verwaltung?

Ich bräuchte langsam einen gewissen Grad an Trunkenheit, um die Beratungen des Ausschusses für Wirtschaft, Bauwesen, Natur und Umwelt zu ertragen. Diesmal stand als Sachthema der Lärmaktionsplan für unsere Gemeinde zur Diskussion. Ihn zu erstellen, fordert die Europäische Union. Erschütternd bei uns, diese Kleinteiligkeit der Fragen und Einwände, als ginge es nur darum, überhaupt etwas zu sagen und nachzuweisen, dass die vielseitige Vorlage der Gruppe Bernhard wenigstens überflogen wurde. Nicht so Frau Formazin. Sie forderte, die künftig mögliche Lärmbelästigung durch die neue geplante Ortsumgehung wenigstens als Möglichkeit in die aktuelle Lärmaktionsplanung aufzunehmen und die Gegenvorschläge der Gemeinde anzuführen. 
Ich stimme ihr zu, denn der Plan erhält nicht nur gegenwärtige Beeinträchtigungen der Ahrensfelder durch Lärm, dessen Zunahme wird mit dem künftigen Baugebiet der evangelischen Kirche entlang der Lindenberger Straße im Plan prognostiziert. Warum also das Winterdorf in Neu-Lindenberg ausgeschlossen wurde, das ebenfalls das Verkehrsaufkommen, gesundheitsschädlichen Feinstaub und Lärm auf der gleiche Route stark erhöhen, ist vielleicht ein Versehen oder sogar Absicht, wer weiß?

Nun schreibt das Bundesimmissionsschutzgesetz (BlmSchG) lang und breit vor, dass die Bevölkerung, hier Öffentlichkeit genannt, bei der Lärmaktionsplanung "ein entscheidender und das Ergebnis beeinflussender Faktor" sei. "Hierüber können Menschen über Ziele, Alternativen und Auswirkungen der Planungen informiert, Lösungen erörtert sowie gemeinsame Ideen entwickelt werden...Die Mitwirkung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung und Überprüfung der Lärmaktionspläne...geht über die reine Anhörung....hinaus. Gemäß §47d Absatz 3 BlmSchG wird die Öffentlichkeit zu Vorschlägen für den Lärmschutz gehört. Sie erhält rechtzeitig und effektiv die Möglichkeit, an der Ausarbeitung und Überprüfung der Lärmschutzpläne mitzuwirken." An diese gesetzlichen Vorgaben und entsprechend fehlende Maßnahmen zu erinnern, wagte ich in der Beratung des "Bauausschusses" und es folgte das schon bekannte Prozedere. Denn es scheint so, dass dieses Gesetz in Ahrensfelde eine seltsame Auslegung erfährt.

Herr Knop, seines Zeichens stellvertretender Bürgermeister, wies darauf hin, dass man erstens noch am Anfang des Prozesses sei; zweitens auf eine umfangreiche wie doch genügende Beratung im Bauausschuss und der Gemeindevertretung, was er und Bürgermeister Gehrke wohl als Öffentlichkeit ausreichend ansieht, und drittens auf die öffentliche Auslage des soweit fertigen Planes im Rathaus. Ausschussvorsitzender Dreger verstieg sich sogar zu der lachhaften Behauptung, dass die Bürger schon wüssten, dass ein Lärmaktionsplan erarbeitet würde. Ich wette dagegen, dass das Gros der Bürger nicht einmal wüsste, dass es überhaupt einen Bauausschuss geschweige denn einen Lärmaktionsplan gäbe. Die Wette würde er glatt verlieren und das weiß der Zaunkönig* auch.

Ich war verblüfft, ja fassungslos und das soll bei mir schon etwas heißen. Soll das wirklich ein so armseliges Bild sein, das Herr Knop von demokratischer Mitbestimmung der Bürger hat? Von "früher und effektiver" Einbeziehung der Betroffenen, wie das Gesetz empfiehlt, ja sogar anmahnt, keine Spur. Was hier deutlich zutage tritt ist Folgendes und allgemein seit langem gültig: Die Verwaltung bestimmt also, was Bürgerbeteiligung heißt und in welchem Maße sie ihnen angenehm und erträglich scheint. So gibt das Rathaus den Ton an, wie viel demokratisches Mitwirken es den Ahrensfeldern gestattet, bei allen Prozessen, die das Lebensumfeld der Einwohner betreffen. Aber bestimmt nicht der die Musik, der zahlt? 

Das alles ist nicht nur ein Skandal, sondern eine Anmaßung und Verspottung von uns allen, denen die Verwaltung und auch der Bürgermeister zu dienen verpflichtet sind. Diese Dienstbarkeit ist keine böswillige Herabwürdigung engagierter Mitarbeiter, sondern eine gesetzliche Bezeichnung. So ist in der Brandenburger Kommunalverfassung der § 62 BbgKVerf überschrieben: "Gemeindebedienstete". Aber hat nicht auch jedes Gemeinwesen die Verwaltung, die es verdient oder erduldet? Denken wir alle einmal darüber nach, liebe Ahrensfelder!

Zaunkönig* - Herr Dreger hat einen Betrieb "Dreger Zaunanlagen" und hat in der Gemeinde schon diverse Zaunanlagen für Kita, Müllplätze und Sportplätze errichtet.

Foto: Autor

 





 

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