Haben wir aus 1933 bis 1945 nichts gelernt?
Ich bin ein Kind des Krieges und eine Halbwaise des Krieges. Wieviel Hoffnung war mit diesen Tagen im April und Mai 1945 überall in Europa und sicher auch in Ahrensfelde für ein friedliches Zusammenleben aller Völker verbunden. Und neben Zuversicht auch Scham, wie Heinrich Böll schrieb: "Ich hab das nicht als Stunde Null empfunden, sondern als Stunde Nichts. Es war kein schöner Zustand, ein Deutscher zu sein."
Kein Wunder, dass sich gerade an diesem Tag unwillkürlich Gedanken aufdrängen. Was hat sich verändert, seitdem fremde Soldaten aus den Weiten Russlands für unser Leben gestorben sind? Warum folgt ein Teil auch der Ahrensfelder wieder den Rattenfängern, die Waffen gen Osten schicken und vielleicht bald auch unsere Kinder und Enkel? Haben wir nichts aus der Geschichte gelernt? Dabei ist es doch eine Binsenweisheit: Wer die Gegenwart verstehen und die Zukunft, auf der Erfahrung der Vergangenheit aufbauend, gestalten will, braucht nun einmal Erinnerung. Statt dessen werden an unseren Schulen mentale Kriegsvorbereitungen eingeführt.
Reichen die 60 Millionen Toten des 2. Weltkrieges nicht als Lektion, alles für den Frieden zu tun und ein friedliches, respektvolles Zusammenleben der Völker? Nun soll Frau Bearbock wohl nicht gerade die Frau sein, wird gesagt, die auf Diplomatie und Kenntnis der Geschichte viel Wert legt, aber irgend jemand in ihrem Dunstkreis muss ihr doch einmal die warnenden Worte Einsteins sagen: "Ich weis nicht, mit welchen Waffen der Dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber der IV. Weltkrieg wird mit Stöcken und Steinen ausgetragen." Und da wollen Ignoranten Bunker bauen, was für ein Schwachsinn.
Wir legen wie jedes Jahr Fliederblüten auf den Grabsteinen der Unbekannten nieder, aus Achtung und Zeichen der Verehrung und nun auch immer mehr aus Scham, obwohl ich schuldlos an dieser, ja was eigentlich bin? Gibt es überhaupt Worte für die Hölle auf Erden, den millionenfachen Mord und Tod im Namen Deutschlands und des deutschen Volkes in der Sowjetunion? Ist es nicht gestört, in Sack und Asche zu gehen vor den Verbrechen gegen das jüdische Volk und unser Verhältnis zum israelischen Staat, was immer er auch tut, Staatsräson zu fordern und gleichzeitig 27 Millionen tote, ermordete, verbrannte, zerbombte und verhungerte Kinder und Greise, Frauen und Männer, Soldaten und Zivilisten, Russen, Ukrainer, Balten, Kaukasier, Sibirier und Bewohner Mittelasiens einfach aus dem kollektiven Gedächtnis und den Geschichtsbüchern zu streichen? Wie eindimensional kann denn Erinnerungskultur sein? Das ist doch verrückt!
"Chitler kaputt - Гитлер капут!"
Die Hassprediger gegen das russische Volk Baerbock, Strack-Zimmermann, Röttgen, Kiesewetter und Hofreiter, gehen fast täglich durch den Reichstag, an deren Wände sich Rotarmisten verewigt hatten. Und eine der Inschriften lautet sinngemäß: "Wagt es nie wieder, mit Waffen zu uns zu kommen, aber als Gäste, gern."
Was denken sich also diese Leute eigentlich, wenn sie dabei vorüber gehen? Denn diese einfache Soldaten, die nur einen Brunnen in ihrem Dorf hatten und kein Wasser aus der Wand, keine Uhr besaßen und sich kämpfend die Stiefel schief liefen in ihren derben, nach Machorka und Pulverrauch stinkenden Uniformen von Moskau nach Berlin, um uns vom Hitlerfaschismus zu befreien, sie hatten mehr Ehrgefühl und Anstand, mehr Kultur und Achtung vor dem Leben, als unsere sogenannte politische Elite. Wie lautete die Losung der Sieger? "Die Hitler kommen und gehen, das deutsche Volk bleibt!"
Jedenfalls. solange es aufwacht, selbstständig zu denken beginnt und endlich aus der Geschichte lernt.
Fotos: Archiv, Autor