Eine Kultur der Bürgerbeteiligung schafft Vertrauen und mehr

 

Aber sie ist in Ahrensfelde etwa so ausgeprägt, wie der Unterhaltungswert der Information des Bürgermeisters. Ja natürlich, die Bürger können in den Sprechstunden des Ortsvorstehers sagen und fragen, was sie auf dem Herzen haben. Leider fallen diese Sprechstunden oft aus und sind für auswärts Arbeitende, und das ist die Mehrheit, so früh nicht erreichbar. Ja, in den Ausschüssen und in der Gemeindevertretung gibt es eine Einwohnerfragestunde. Das ist schöngefärbt, denn es ist nur eine halbe Stunde und während den Bürgern drei Fragen in drei Minuten erlaubt sind, holen der Bürgermeister und seine Stellvertreter richtig aus, prahlend mit Informationen, langweilend mit Gemeinplätzen und stehlen so den Bürgern ihre Zeit. Ich habe für die Elogen des ersten Bürgers unserer Gemeinde mir erlaubt, das Verb "gehrkern" zu erfinden und in meinen Wortschatz aufzunehmen. Mein Vorschlag für die neue Gemeindevertretung: Fragen drei Minuten, Antworten maximal drei Minuten. 
Ja, auch wir haben eine gesetzlich in der Kommunalverfassung des Landes verankerte Einwohnerbeteiligungssatzung. Das ist schlicht ein Witz und viel zu wenig, um Entscheidungen aller Gremien auf eine breite Basis des Bürgerwillens auszuweiten. Denn diese Satzung stammt aus dem Jahr 2009 und ergänzt die Hauptsatzung, die schon zwei Jahre früher beschlossen wurde. In der sollte unbedingt auch das Petitionsrecht aufgenommen werden, worüber es in der Gemeinde bisher einige Verwirrung gab. So wurde eine Petition an die Gemeindevertretung an den Ortsbeirat Ahrensfelde verwiesen. Das war ungesetzlich, denn Ortsbeiräte können kein Adressat für Petitionen sein. In unserem Ahrensfelde ist es zu kommunalen Angelegenheiten entweder die Verwaltung oder die Gemeindevertretung.

Zu den in der Ahrensfelder Hauptsatzung angeführten Arten der Einwohnerbeteiligung des Einwohnerantrags und des Bürgerbegehrens und Bürgerentscheids, gibt es zahlreiche weitere Möglichkeiten, die Mitsprache der Bürger zu erweitern. Dazu gehört erst einmal, dass Verwaltung und Gemeindevertretung begreifen, dass sie nicht der Rat der Götter sind. Auch wenn wir eine repräsentative Demokratie pflegen, das heißt, dass letztendlich die Gemeindevertreter entscheiden, sollte der Bürger der Souverän bleiben. So gebietet eine gelebte Kultur der Teilhabe eines weiten Kreises der Einwohner umfangreiche, weitere vielerorts schon gepflegte Formen, die nachfolgend aufgeführt sind. Sie schaffen Vertrauen und Respekt gegenüber den gewählten Abgeordneten, die Toleranz gegenüber ihr bürgerdienliches Wirken nach sich ziehen. Da mein Blog nicht von allen gelesen wurde, was sicher ein Mangel ist, hier weitere, gesetzlich mögliche Formen:

1. Zusammenkünfte von Bürgern/Bürgerforen. Was sind Bürgerforen? Kommissionen, deren Mitglieder die Gemeinde nach dem Zufallsprinzip auswählt. Ihr Bürgergutachten dient als Entscheidungshilfe.

2. Bürgerwerkstatt. Bürger beteiligen sich bereits bei der Entwicklung von Ideen, insbesondere zur kommunalen Bauplanung. Die Bürgerwerkstatt setzt weitaus früher an, als es nach dem Baugesetzbuch verpflichtend vorgesehen ist. Die Teilnahme basiert nicht auf einer Zufallsauswahl, sondern auf dem Interesse und der Sachkenntnis der Bürger.

3. Nachbarschaftsgespräche. Vertreter der Verwaltung diskutieren mit einer Gruppe zufällig ausgewählter Bürger. Dabei geht es um das bisherige und künftige Zusammenleben im kommunalen Umfeld.

4. Aktivierende Befragung. Die Gemeinde befragt Bürger, insbesondere zu wohnortsbezogenen Themen. Die Befragung soll Bürger anregen, für ihre Interessen einzutreten und zu kommunalen Problemen Lösungen zu entwickeln.

5. Bürgerpanel. Die Gemeinde befragt in regelmäßigen Abständen eine bestimmte, möglichst große Gruppe repräsentativ ausgewählter Bürger zu ihrer Arbeit in der Kommunalpolitik. Ziel ist es, abzubilden, wie sich die Meinung der Bürger über mehrere Jahre hinweg verändert. Dazu gehören auch die Vorschläge von Bürgern und ihre Umsetzung.

6. Bürgerbeiräte Die Gemeindevertretung und die Verwaltung schaffen zu Fachthemen Beiräte qualifizierter Einwohner, die bestimmte anliegende Probleme prüfen und Vorschläge zu deren Lösungen oder Alternativvorschläge zur besseren Entscheidungsfindung erarbeiten. Unabhängig davon werden Kinder-und Jugendbeiräte sowie Behinderten- und Seniorenbeiräte mit Rederecht in den Gremien geschaffen.

7.Bürgerhaushalt. Die Verwaltung einer Gemeinde bemüht sich um mehr Haushaltstransparenz und lässt die Bürger mindestens über einen Teil der frei verwendbaren Haushaltsmittel beratend oder verbindlich mitwirken.

8. Kommentierung von Regelungsentwürfen im Netz. Die Gemeinde veröffentlicht den FNP und seine Veränderung sowie Raumordnungspläne auf ihrer Netzseite. Bürger können offen oder anonym Kommentare oder Vorschläge hinterlassen, die andere Bürger einsehen können.

8. Online-Sprechstunde. Bürger können vorab und während der Sprechstunde über soziale Medien Fragen stellen. Ein Abgeordneter und kein Verwaltungsmitarbeiter beantwortet die Fragen, während Bürger Videoaufnahmen der Sprechstunde zeitgleich oder später im Netz verfolgen können

9..Begründungspflicht kommunaler Stellen Falls die Verwaltung oder die Gemeindevertretung Bürgervorschläge nicht verwirklicht, muss sie dies fachlich und öffentlich begründen.

Das ist, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer, mein Vorschlag für die neue Gemeindevertretung, darüber einmal nachzudenken und diese Vorschläge gemeinsam mit den Bürgern zu diskutieren. Oder wie ich schon einmal schrieb, die Einwohnerbeteiligungssatzung zu modernisieren und nicht unbedingt vom Kopf auf die Füße, aber auf eine breite Basis zu stellen, so dass sie ihren Namen verdient. 

Fotos Moreike

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