Ich hatte einen schönen Traum

Ich bin ein Tagträumer, so sagte schmunzelnd meine Deutschlehrerin und ich fragte sie, ob das schlecht wäre. Nun, dafür gab es keine Noten im Zeugniskopf, wo Mitarbeit, Ordnung und Fleiß bewertet wurden. Aufsätze stets Thema verfehlt, Eins minus. Aber auch nachts träume ich und ein Traum gefällt mir ganz besonders. Er war zu schön, um wahr zu sein. Mir träumte, dass Ahrensfelde keinen Bürgermeister hatte, wie Wilfried Gehrke und keine  Gemeindevertretung, sondern ein paar Leute im  Bürgerrat. Vor einer Entscheidung überlegten sie nicht nur lange das Für und Wider, sondern sie fragten die Bürger, organisierten  einen Workshop und fragten die Anwohner, was sie davon hielten. Und das Ergebnis nahmen sie ernst.

Ich wunderte mich, weil sie mich nicht fragten, aber ich wohnte etwas abseits. Doch dann sah ich nördlich der Kirschenallee ein Feld, über dem die Lerchen aufstiegen, in dem ich Schmetterlinge fotografieren konnte und ein Motiv für ein zu malenes Bild fand. Blühten von wildem Mohn, so weit das Auge reichte. Und die Leute von nah und fern parkten unerlaubter Weise ihre Autos, um dieses Wunder der Natur zu fotografieren. Und die aus der nahen Hauptstadt kamen, freute sich an dem Bild und zeigten es ihren Kindern, um zu sagen, dass es sich lohnt, diese Natur zu schützen. Der rote Mohn, der in der Vase nur Stunden überlebt und uns alle daran erinnert, wie empfindsam und zugleich schön die uns umgebene Natur ist.


"Junizauber" Öl auf Leinwand Hartmut Moreike 2020

Natürlich hat der Bürgerrat das Ansinnen abgelehnt, diesen blühenden Zauber zu vernichten und Häuser darauf zu bauen. Ich klatschte vor Freude und meine Frau weckte mich, weil ich im Bett herumstrampelte. Aber bald fiel ich wieder in den Traum und suchte Ahrensfelde und bald fand ich es. Der Geruch der Rapsfelder zog mich nach Lindenberg und so weit ich blicken konnte, nur das Sonnengelb der Rapsfelder. Und ein Bauer grinste mich an und sagte: 'Wir machen hier unser eigenes Rapsöl und drüben auf dem Schlag an der Birkholzer Allee eigene Kartoffeln, solche Knollen, die nicht nur für alle Ahrensfelder reichen.'

Und tatsächlich, auf dem Bauernmarkt in Ahrensfelde gab es faustgroße Kartoffeln und Rapshonig und Käse von den Rindern, die zwischen Ahrensfelde und Mehrow in großer Herde auf dem Grünland standen und es sich gut gehen ließen. Sie kamen bis an den Radweg heran, und die Kinder darauf freuten sich über das Muhen. Auch über  den Radweg nach Ahrensfelde und die 30ger Zone durchs ganze Dorf, die der Ortsbeirat durchgesetzt hatte. 

Und aus nah und fern kamen die Leute auf den Bauernmarkt und staunten, dass Ahrensfelde und die umliegenden Dörfer ihren Charakter erhalten hatten, obwohl sie die moderne Technik nutzten, weil es die Bewohner so wollten. Es gab seit jeher nicht nur eine Kirche in jedem Dorf, sondern auch einen Gasthof und einen Dorfladen und in Ahrensfelde den Supermarkt und  sogar ein Ärztehaus. Und in Mehrow haben die Bürger einen Ortsbeirat gewählt, in Eiche entstand die Gartenstadt, ein Beispiel für naturnahes und soziales Bauen und in Blumberg wurde der Schlosspark von der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten übernommen.  

Und dann sah ich vor dem Rathaus drei puritanisch gekleidete Priester der evangelischen Kirche ans Tor klopfen. Und in der oberste Etage, da wo der Bürgerrat sitzt, öffnete sich ein Fenster. "Was wollt ihr fromme Gottesdiener?" "Wir wollen zum Heil der Berliner in der Lindenberger Straße Wohnungen bauen und euch dafür auch eine Ecke für ein Gymnasium abgeben!" Das Fenster wurde zugeschlagen, offensichtlich beriet man hinter den Scheiben. Dann wurde das Fenster wieder geöffnet: "Ihr kommt zu spät, wir werden dort einen klimaangepassten  Erholungspark für die Anwohner einrichten und vorn an der Bahn auf Anregung des Behinderten- und Seniorenbeirats eine Seniorenresidenz, tut uns leid."

Ich wollte klatschen, doch meine Frau brummte ein wenig genervt, "gib endlich Ruhe". Aber am Morgen war der Traum zerplatzt wie eines Seifenblase. Das Motorengedröhn war nicht zu überhören, rings herum waren Siedlungen, das kleine und das große Ahrensfelder Dreieck, die Bonava-Siedlung Kirschenallee und schon rollten die Baufahrzeuge zur Linderberger Straße. Und Mehrow hatte immer noch keinen Ortsbeirat und Bürgermeister Gehrke war immer noch im Amt. Auch er schien einen, wie so Macher sagte, etwas größenwahnsinnigen Traum zu haben, Ahrensfelde zur größten Gemeinde weit und breit zu entwickeln. Seine CDU-Freunde in Berlin konnten ihn nicht genug loben, dass sie Wohnungen für die Hauptstädter en Masse mit weiteren Schlafsiedlungen entstehen sahen und dafür Bodenspekulanten und Miethaie aus nah und fern sich im Rathaus die Klinke in die Hand gaben. 

Fotos: Autor

 

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