Unvergessen und auch verdrängt - der 6. August 1945 (I)


Ich werde heute Abend wieder in der Dorfstraße für Frieden und gegen Atomwaffen demonstrieren. Warum? Auch weil morgen der 6. August ist. Machen wir ein Experiment. Fragen Sie einen x-beliebigen Menschen auf der Straße, was er mit dem 6. August verbindet. Und es wird unwahrscheinlich sein, dass Sie die richtige Antwort erhalten. Dabei hat sich dieser Tag nicht nur förmlich, sondern ganz direkt in die Geschichte der Menschheit eingebrannt. Es ist der Hiroshima Tag!  Denn am 6. August um 8.16 Uhr und 2 Sekunden explodierte in 580 Metern Höhe über der japanischen Stadt Hiroshima die erste Atombombe der Welt. 80.000 Menschen, meist unschuldige Zivilisten, waren sofort tot, verdampften förmlich und hinterließen nur Schatten an den Mauerresten, hinter denen sie vergeblich Schutz suchten. Innerhalb von 2 Sekunden war das Zentrum der Stadt zu 80 % zerstört, 70.000 von 76.000 Häusern. 130.000 Japaner starben später an der radioaktiven Verstrahlung. 
  広島 - Hiroshima nach dem  mörderischen Atombombenabwurf
Seit diesem Tag ist die Welt eine andere, denn seit Hiroshima ist die Menschheit als ganzes tötbar.  Wer damit spielt, wer auch bei uns von nuklearer Teilhabe und Abschreckung faselt, wer US-Raketen in Deutschland gutheißt, gehört nicht nur meiner Meinung nach ins Irrenhaus! Die Ökumenische Weltkonferenz in Vancouver fasste es 1983 so zusammen: "Die Erprobung, Herstellung und Androhung von Massen- und Zukunftsvernichtungsmitteln sind ein Verbrechen an der Menschheit… Die nukleare Abschreckung muss als strategische Doktrin, die im Namen der Sicherheit und Kriegsverhütung Atomwaffen gerechtfertigt hat, grundsätzlich verworfen werden, da sie im Widerspruch steht zum Glauben an Jesus Christus, der unser Leben und Friede ist. Atomare Abschreckung ist moralisch unvertretbar,...Atomare Abschreckung ist die Antithese des letztgültigen Glaubens an jene Liebe, die die Angst vertreibt. Sie kann niemals Grundlage eines echten Friedens sein."
Die Perversion dieser Ungeheuerlichkeit vom 6. August 1945 fing damit an, dass sowohl der Bomber als auch die Besatzung von einem Priester vor dem Einsatz auf eine glückliche Heimkehr gesegnet wurden. Aber damit noch nicht genug. Der Kommandant Paul Tibbets nannte das totbringende Flugzeug nach seiner Mutter Enola Gray. Und die Widernatürlichkeit hatte noch kein Ende. Von der Luftaufnahme der durch die Atombombe ausgelöschten Stadt gab es tausende Abzüge und Tibbets hatte sie nicht nur großzügig signiert, sonders gesagt, er würde es immer wieder tun. Aber auch das ist immer noch nicht alles, wie die Tötung von mehr als einer viertel Million Japaner in Amerika bis heute gefeiert wird. Das Flugzeug B-29, das die erste Atombombe der Welt abgeworfen hatte, zieht heute ausgestellt in Chantilly Virginia nahe des Flughafen Washington-Dulles als Pilgerstätte ungezählte neugierige und patriotisch gestimmte Besucher an. 
Bis heute aber ist die vorherrschende wissenschaftliche Meinung, dass der Einsatz amerikanischer Atombomben ein Kriegsverbrechen und nicht notwendig war. Japan war besiegt, lag militärisch am Boden. Amerika hatte die Lufthoheit. Es ging den Politikern in Washington vielmehr darum, mit dem Beginn des Kalten Krieges Macht zu demonstrieren. Das bestätigt auch eine Aussage von Dwight Eisenhower, General im II. Weltkrieg und später von 1953 - 1961 der 34. Präsident der USA: "Ich war dagegen aus zwei Gründen. Erstens waren die Japaner bereit sich zu ergeben, und es war nicht notwendig, sie mit dieser schrecklichen Sache zu treffen. Und zweitens, ich hasse den Gedanken, dass unser Land das erste sein würde, das solche Waffe einsetzt."

Warum Militärs, Historiker und auch Kernphysiker den Einsatz von Atombomben als  Kriegsverbrechen bezeichnen, folgt daraus, dass Japan bereits mehrfach seine Bereitschaft signalisiert hatte, zu kapitulieren, immer vorausgesetzt, es könnte Kaiser Hirohito behalten. Und dass außerdem Stalin für Anfang August 1945 angekündigt hatte, Tokio den Krieg zu erklären, was die japanische Niederlage noch weiter beschleunigt hätte. „Präsident Harry Truman wusste all das“, sagt Historiker Peter Kuznick: „Er hat es in seinem Tagebuch und an seine Frau geschrieben. Aber er wollte die Bomben“. Viele Experten sind der Meinung, dass einer der Hauptgründe für den Einsatz von Atomwaffen gegen das bereits besiegte Japan darin bestand, den Kriegseintritt der Sowjetunion und die Besetzung Japans zu verhindern und ein Beispiel für eine potenzielle militärische Nachkriegsmacht zu setzen, die gegen die Sowjetunion, einen Verbündeten der USA und des Westens im Zweiten Weltkrieg, eingesetzt werden könnte. Der Atombenbenabwurf war der Beginn des nuklearen Wettrüstens.
Um die amerikanische Bevölkerung nicht mit den Folgen dieses grausamen Atombombenabwurfes zu konfrontieren, haben die amerikanischen Besatzungstruppen in Japan jede Äußerung verboten, die die öffentliche Ruhe gefährden oder Kritik an den amerikanischen Streitkräften üben könnte. Die US-Besatzung untersagt alle Fotografien und Filmaufnahmen von Hiroshima. Selbst das Wort "Atombombe" wurde eine Zeit lang verboten. Durch die lückenlose Zensur der US-Besatzung drangen kaum Informationen über die Verwüstungen in Hiroshima und Nagasaki an die Öffentlichkeit in den USA und auch in Japan.

Für mich war dieser 6. August auch Anlass für ein Gedicht:
 Hiroshima, mon amour

Eingebrannt in Stein
kaum sichtbar ein Schatten nur
wo einst ein Mädchen saß,
Hiroshima, mon amour.

Stiller Protest
und dumpfer Bronzeglockenton
umrunden mahnend unsere Welt,
erinnernd an den Feuerball,
in dem Amerikas Unschuld verglühte.

Ein Ruinentor,
ein Leichenfeld im Kirschblütenland
aus dem ein Mahnruf uns beschwört:
Nie sei's Soldat du, gespaltenes Atom,
das nur Arbeitern und Ärzten gehört.

Ein alter Ginkobaum allein
widerstand kahl und verbrannt
dem mörderischen Strahlensturm.
Ein Sterbender mit weißer Kreide nur
auf seine schwarze Rinde schrieb
die Worte: Hiroshima, mon amour.

Es ist eine Schande, dass ausgerechnet unsere SPD-Politiker mit Olav Scholz an der Spitze der Stationierung weiterer Atomraketen auf deutschem Boden gutheißen. Das Credo der Sozialdemokraten war stets Friedens- und Sozialpolitik und weil sie ihre Grundwerte verraten, wenden sich die Wähler in Massen von ihnen ab. Der Einsatz von Nuklearwaffen kann niemals moralisch zu rechtfertigen sein.

Fotos: Autor, Archiv (2)


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