Wäre Einsamkeit ein Thema in der Gemeinde - aber ja!

Und ob. Denn das, liebe Leute, ist kein Thema speziell für die sogenannten Seniorenkoordinatoren oder die Volkssolidarität, sondern ein brennendes Thema, das uns alle angeht und in die öffentliche Diskussion gehört. Warum sage ich das? Es ist zu plump, zu antworten, dass wir alle alt werden und einsam sein können. Bei meinen Vorwahlgesprächen traf ich einen Einwohner im Ahrensfelder Dreieck, der seit acht Jahren in seinem großen Haus allein lebt. Wissen wir denn, wie vielen Ahrensfeldern es ähnlich ergeht? Natürlich nicht, weil die Seniorenarbeit hauptsächlich den engagierten Ehrenamtlern vorbehalten bleibt. Und was tun wir gegen die Einsamkeit? So gut wie nichts, oder es bleibt den persönlichen Kontakten vorbehalten. Mit 90 gibt es einen Blumenstraß und damit hat es sich von Seiten der Ortsbeiräte.

Das Thema Einsamkeit stand in fünf Jahren nicht einmal auf der Tagesordnung des AfD-geführten Sozial- und Kulturausschusses, geschweige denn in der CDU-dominierten Gemeindevertretung! Christlich, werte CDU-Mitglieder, stelle ich mir anders vor! Mutter Theresa sagte einmal: "Die schrecklichste Armut ist die Einsamkeit." Wie wichtig es andere nehmen, zeigt allein die Tatsache, dass Japan und Großbritannien Ministerinnen gegen die Einsamkeit haben. Es gibt, kein Scherz, ein Einsamkeitsbarometer. Elf Prozent aller Menschen in Deutschland fühlen sich 2024 einsam.  Was zeigen diese Daten noch und da ist schon die erste Überraschung: 

  • Ältere und jüngere Menschen sind am häufigsten von Einsamkeit betroffen. 
  • Frauen weisen eine höhere Einsamkeitsbelastung als Männer auf, wobei die Corona-Pandemie diesen Effekt noch weiter verstärkt hat.
  • Einsamkeit wirkt sich negativ auf die physische und psychische Gesundheit aus. 
  • Armut, Care-Arbeit und Migration hängen stark mit erhöhten Einsamkeitsbelastungen zusammen. 
  • Gesellschaftliche Teilhabe, soziale Bindungen und Bildung wirken vorbeugend gegen Einsamkeit.
  • Einsamkeitsbelastete Menschen zeigen ein signifikant niedrigeres Vertrauen in politische Institutionen.

Seit 2017 hat sich die Zahl der einsamen Menschen um das Eineinhalbfache erhöht. Mit steigendem Alter wächst auch das Risiko für den Übergang in eine Pflegeeinrichtung und hier besteht ein größeres Risiko, einsam zu werden: Der Anteil einsamer älterer Menschen in Heimen beträgt etwa 35 Prozent, während er in Privathaushalten rund 10 Prozent beträgt.

Aber Einsamkeit ist keine Frage des Alters. Im ersten PandemieJahr 2020 waren erstmals jüngere Personen zwischen 18 und 29 Jahren mit etwa 32 Prozent stärker mit Einsamkeit belastet als Personen im Alter über 75 Jahren. Und das hat Auswirkungen besonders auf die Teilnahme am politischen Leben in unserer Gemeinde und für eine demokratische Zukunft. Das ist an den Haaren herbei gezogen? Mitnichten, denn die Forschung hat ergeben:

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Es besteht ein potentieller Zusammenhang zwischen Einsamkeit unter Jugendlichen und ihrer Distanz zu Demokratie. Die Forschung zeigt, dass jugendliche Einsamkeit autoritäre Einstellungen begünstigen kann. Wenn sich Menschen in der Jugend häufig einsam, isoliert und missverstanden fühlen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie Verschwörungserzählungen glauben, politische Gewalt befürworten und autoritären Haltungen zustimmen.

Und da wundern wir uns noch über die Wahlergebnisse zum EU-Parlament, bei der zum ersten Mal auch Jugendliche mit 16 Jahren wählen konnten. Daraus lässt sich nur ein Schluss ziehen: Das Thema Einsamkeit gehört auf die Diskussionsliste der Gemeindevertretung wie endlich ein Behinderten- und Seniorenbeirat und ein Jugendbeirat. Das ist meine auch auf wissenschaftliche Fakten beruhende Meinung, und die ist sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.

Fotos: Autor, Archiv des Autors, Archiv Zeitgeschehen

 

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