Ahrensfelde, die Gemeinde der Pendler
Da lohnt sich also fast jeder Aufwand und ein bisschen schlechtes Gewissen, weil Reifenabrieb und Auspuffabgase der Umwelt schaden. Nun komme mir niemand mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Der weiß nichts von 20-Minutentakt, Schienenersatzverkehr, Gleisbaustellen und Zugausfällen. Da ist die Weltstadt Berlin ein Dorf.
Diese Pendelei hat vor allem soziale Schattenseiten. Natürlich fehlt dann oft die Zeit für die Familie, auch für Haus und Garten und schließlich auch für gesellschaftliches Engagement. Ein Ortsvorsteher verstieg sich einst zu dem Unsinn, es wäre alles in Butter, die Leute zufrieden, wenn sie nicht in seine Sprechstunde oder die Beratungen der Gremien kommen. Ja, ja, solche intelligenten Leute gibt es hier.
Klar, das Pendeln ist ungesund, für die Pendler und auch für uns Ahrensfelder. Aber wir sind in großem Maße selbst Schuld. Siedlungsbau und damit einher gehender Zuzug ohne gleichzeitig die Infrastruktur mit Arbeitsplätzen zu entwickeln, heißt, mindestens auf einem Auge blind und auf beiden kurzsichtig zu sein. Was wir in Ahrensfelde dringend für unsere Jugend und Kinder brauchen, das sind Arbeitsplätze. Jobs, die eine Zukunft haben, die der guten Ausbildung entsprechen und umweltfreundlich sind. Da ist in unseren Gewerbegebieten noch Platz für Unternehmen der Digitalisierung, der Künstlichen Intelligenz und für den Bereich Umwelt.
Also ein Logistik-Zentrum eines Großdiscounters gehört nicht dazu, auch keine Batterien von Garagen. Selbst wenn uns Bürgermeister Gehrke glauben lassen will, es wäre für Ahrensfelde eine Aufwertung, wenn der Weltdiscounter Lidl hier ein Logistik-Zentrum baut. Diese Herren rechnen knallhart, Ahrensfelde ist für sie nur Standort. Das heißt, von wo aus sie ihre Filialen am kostengünstigsten und gewinnträchtig beliefern können.
Wir brauchen eine Anti-Pendler-Initiative mit allem, was dazu gehört. Das heißt auch neben der Entwicklung der Gewerbegebiete logisch auch einen Baustopp für Siedlungsbau im Außenbereich und auf Ackerland. Wer ein ein bisschen nachdenkt und ja, auch ein Gewissen hat, sieht das ein, denn das sind wir nicht nur der jungen Generation geschuldet, sondern uns selbst und unserer Gemeinde, weil wir sie liebens- und lebenswerter gestalten wollen. Wann wollen also Gemeindevertretung und Verwaltung endlich einmal nicht der Entwicklung hinterherlaufen, sondern beginnen, in die Zukunft zu denken und die Weichen für eine moderne Gemeinde stellen, die vitalen Wohlfühlwohnort und anziehenden Arbeitsplatz in zukunftsgewandten Unternehmen vereint? Ansonsten werden wir unsere Spottnamen als Gemeinde der Schlafsiedlungen und Pendler nie los.
Jeder Initiative dafür widme ich gern einen Blog-Beitrag, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.
Fotos: Autor, Zeitgeschehen, Archiv Hartmut Moreike