Allein Bekenntnisse für Natur und Umwelt reichen nicht mehr

Als sich die neuen Mitglieder dem Bauausschusses, der eigentlich Ausschuss für Wirtschaft, Bauwesen, Natur und Umwelt heißt, vorgestellt haben, bekannten die meisten von ihnen, sich besonders für Natur und Umwelt zu interessieren und zu engagieren. Wow. Ich war ja selbst als Sachkundiger Einwohner ein paar Jahre in dem Ausschuss. Er wurde vom Bauwesen dominiert, die Wirtschaft spielte in den Anträgen und Diskussionen kaum eine Rolle und Natur und Umwelt fanden absolut in fünf Jahren nicht statt. Also habe ich nun mit Interesse zugehört, eine frohe Kunde, doch allein mir fehlt der Glaube.

Den Ausschuss leitet wie fünf Jahre davor Herr Dreger, der hauptberuflich Zäune baut und seine Stellvertreterin ist die Architektin Formazin, die an vielen Bauten der Gemeinde beteiligt war, ob Schule, Werkstoffhof, Feuerwehr und Ortsteilzentrum und zudem auch schon dem alten Bauausschuss angehörte mit all seinem Stillhalten bei seinem Frevel an der Natur. Und das geht ja noch weiter. Also was war da neu? Denn im Präsidium saß auch wieder Herr Schwarz, Fachbereichsleiter für Ortsentwicklung, das personifizierte Baugesetz. Diesen drei Genannten traue ich also ein wirkliches Engagement in Sachen Natur und Umwelt nicht zu. 

Wo gebaut wird, da fallen nicht nur Naturspäne, da werden Pflanzen und Tiere mit den Bulldozer sinnbildlich niedergewalzt. Es wird theoretisch vergrämt, was laufen und fliegen kann, es wird öffentlich verkündet und umgesiedelt, was gefangen werden kann, wie die Zauneidechsen. Dass das meistens sinnlos ist, darüber sind sich nicht nur Naturschützer, sondern auch Zoologen von Weltrang einig. Und wenn als Sachkundiger Einwohner nachgefragt wird, was denn nun aus der Umsiedlung geworden ist, für die die Gemeinde in der Bauphase und danach verantwortlich ist, wartete besagter Herr Schwarz mit Paragraphen aus dem Baugesetz, mit Halbwahrheiten und Ausreden auf oder er schwieg.

Ich hatte ja vorgeschlagen, nun den Natur- und Umweltschutz gemeinsam mit dem Klima in einem neuen fünften Ausschuss zu beheimaten. Wie konnte ich nur! Denn die schwachen Gegenargumente hießen, dass einmal die Leute dafür fehlen würden, auch der Sitzungskalender gäbe es nicht mehr her und die Belastung der ehrenamtlichen Mitglieder der Gemeindevertretung sei ohnehin schon sehr stark. Und wie immer , das haben wir noch nie gehabt und das brauchen wir also nicht. Das sind Ausreden, wie so oft. Diese Art mit Anregungen der Einwohner umzugehen, hat in Ahrensfelde wenig mit direkter Demokratie zu tun, aber hat Tradition. 

Gut, darauf werden die Bürger für Ahrensfelde noch einmal zurückkommen. Unsere Felder und Wiese gehören zur Frischluftschneise für Berlins Norden. Entweder weiß man das nicht, ignoriert es oder denkt, die werden schon nicht ersticken. Auch wenn das Achsenentwicklungskonzept darauf verweist "Entwicklung übergreifender Freiraumsysteme als ökologisch und klimatisch wirksame Potenzialräume für Klimaresilienz (Kaltluftentstehung, Regenrückhaltefunktion, Biodiversität etc."

Aber sollte es wirklich ernst sein, mit ihren Interessen und Motivationen, sich aus Gründen des Natur- und Umweltschutzes im Bauausschuss zu engagieren, dann reichen "Ahrensfelde summt" und ein paar Sträucher hier, eine Vogel- und Insektenhecke da, nicht aus, mit denen sich Bürgermeister Wilfried Gehrke so gern fotografieren lässt. Wie wäre es denn, ernsthaft das ganze Thema komplex und zielgerecht anzugehen und begleitend zum Achsenentwicklungskonzept bis 2035 ein Natur- und Umweltkonzept zu erarbeiten, das Richtschnur für Entscheiden und Handeln ist? Das wird, jede Wette, provinziell und  kleinkariert abgelehnt.

Hunderte Hektar Ackerland sind der Lebensmittelproduktion, der Viehzucht, dem Wasserkreislauf und dem Temperaturausgleich in den letzten Jahrzehnten in unserer Gemeinde entzogen worden. Und es geht so weiter, immer so weiter. Sind unsere Abgeordnete non bei verstand? Was schert sie sogar die Vorgabe der Bundesregierung, den Verbrauch von Ackerflächen, Wiesen und Wäldern für den Straßen-, Gewerbe- und Verkehrsbau zu halbieren. Je 1.000 Einwohner bis 2030 nur 1 (EIN!!!) Hektar zu bebauen. Wenn wir das ernsthaft einmal umrechnen, müsste Ahrensfelde allein mit der Bonava-Siedlung "In den Obstwiesen", dem Winterdorf an der Birkholzer Allee und der EKBO-Siedlung Ulmenallee, der Sporthalle für das Gymnasium, REWE und dem LIDL-Logistikzentrum so um die 80-100.000 Einwohner haben und nicht 14.491. Wann will denn, ist deshalb die Frage, der Hauptverwaltungsbeamte das Stadtrecht für Ahrensfelde beantragen?

Das sich mit jedem Quadratmeter, der zu betoniert wird, unsere Klimabilanz zum Schlechten ändert und natürlich auch unser Lebensumfeld negativ beeinflusst wird, liegt auf der Hand. Also, ich bin nicht gegen bauen, in den Ortsteilen, da wo Platz ist und es Sinn macht. Ich bin nicht in den Gewerbegebieten gegen die Verdichtung und den Bau von umweltschonenden und zukunftsträchtigen Unternehmen für moderne Arbeitsplätze vor Ort. Nicht gegen den Bau von sozial notwendigen Einrichtungen zur Verbesserung der Infrastruktur, die so eine große Gemeinde braucht, wie etwa eine kleine angepasste Seniorenresidenz, eine oder zwei Kita und ein Medizinisches Versorgungszentrum. 

Also ob das nur Bekenntnisse zum grünen Mainstream der neuen Mitglieder des Bauausschusses sind, oder eine ernsthafte Absicht, um dem Namen als Ausschuss, der auch für Natur und Umwelt steht, gerecht zu werden, das werde ich im Auge behalten, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.

Fotos: Autor, Archiv Hartmut Moreike

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wer fragt, der lernt, oder es ist Hopfen und Malz verloren (Achtung Satire)

Wie wir Bürger in der Gemeindevertretung verschaukelt wurden

Es kam, wie es kommen musste im Hauptausschuss - ja noch schlimmer