Wie wir Bürger in der Gemeindevertretung verschaukelt wurden

 

Auf der Tagesordnung der Oktobersitzung der Gemeindevertretung stand eine neue Hauptsatzung, die durchaus umstritten ist, weil sie wichtige Entscheidungen aus der Gemeindevertretung in den Hauptausschuss "delegiert". Es geht dabei, sage und schreibe, sogar um Millionen Euro unserer Steuergelder. Nun gab es von Fraktion Bürger für Ahrensfelde den Antrag, vor der Abstimmung zur Tagesordnung für diesen Punkt 11. die Öffentlichkeit herzustellen.

Frau Emmrich (Die Linke) leitete in Abwesenheit des Vorsitzenden Kusch die Beratung der Gemeindevertretung. Und ob nun genau so geplant oder aus Naivität empfahl sie, die Frage der Öffentlichkeit bei dem entsprechenden Tagesordnungspunkt (TOP 11.) zu stellen. Und damit begann der eigentliche Skandal der Entmündigung der anwesenden Bürger. Sie hielten ihre Fragen, Anregungen und Bedenken zur Hauptsatzung in der Einwohnerfragestunde zurück, da sie natürlich glaubten, später gehört zu werden. War dieses Verfahren etwa ein Trick, um kritische Fragen der Bürger, ich wollte mich zu diesem Thema auch zu Wort melden, zu verhindern? 

Denn als es soweit war, und die Frage der Öffentlichkeit beim TOP. 11 zur Abstimmung gestellt wurde, sprachen sich die komplette SPD/CDU-Fraktion und die Ahrensfelder Wählergemeinschaft/Bürgerverein Eiche sowieso und das Linksgrüne Bündnis, also insgesamt 10 Abgeordnete zumeist der alten Garde mit knapper Mehrheit dagegen aus. Also wieder einmal nichts mit Öffentlichkeit und Bürgerbeteiligung. Wovor haben diese Abgeordneten Angst?

Ölgemälde "Indian summer" 2017 gemalt von H. Moreike

Aber damit nicht genug. Die neue Hauptsatzung wurde nach diesem Coup erwartungsgemäß beschlossen. Damit haben sich die Gemeindevertreter meiner Meinung nach selbst entmachtet und sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen. Ob einige das begriffen haben, wage ich zu bezweifeln. Ganz abgesehen davon, dass der Entwurf der Hauptsatzung natürlich erst der Kommunalaufsicht zur Prüfung vorgelegt werden muss. Ob das geschehen ist und wie das Ergebnis war, darüber kein Wort. Auch Absicht oder Versehen? Ich wohne schon zu lange in Ahrensfelde, um an einen Zufall zu glauben.

Ich habe noch einmal in der Kommunalverfassung Brandenburgs nachgelesen. Im § 50, der die Zuständigkeit und Verfahren für den Hauptausschuss regelt. Da heißt es erstens "Der Hauptausschuss hat die Arbeiten der Ausschüsse aufeinander abzustimmen und kann zu jeder Stellungnahme eines anderen Ausschusses eine eigene Stellungnahme gegenüber der Gemeindevertretung abgeben." Und weiter: "Der Hauptausschuss beschließt über diejenigen Angelegenheiten, die nicht der Beschlussfassung der Gemeindevertretung bedürfen und die nicht dem Hauptverwaltungsbeamten (sprich Bügermeister- Red.) obliegen."

Ganz abgesehen davon, dass der Hauptausschuss bei uns mitnichten die Arbeit der anderen drei Ausschüsse koordiniert, das ist absolut ein Fremdwort, noch hat er jemals eine Stellungnahme zu denen von Ausschüssen abgegeben. Hier wird also recht lax mit der Kommunalverfassung umgegangen. Sagt das nicht viel über Qualität der Arbeit der Vorsitzenden des Hauptausschusses aus? Und da sollen nun dem Ausschuss noch mehr Kompetenzen übertragen werden, die nicht der Beschlussfassung der Gemeindevertretung bedürfen wie, na ja, läppische 1.000.000 (in Worten eine Million) Euro? Das verstehe wer will, ich jedenfalls nicht.

Warum also, um alles in der Welt soll die Gemeindevertretung auf die Kontrolle über wesentliche Mittel und über die Verwaltung  verzichten? Das ist eine primäre Forderung, ein Auftrag von uns Bürgern, dass genau und in aller Offenheit darauf geschaut wird, wie unser schwer verdientes Geld verwaltet wird. 

Dazu auch ein paar Zeilen aus einem Rundbrief von "transparentes Ahrensfelde": "Am 7.10.wurde im Hauptausschuss der Gemeinde der bisher härteste Schlag gegen Transparenz und Korruptionsbekämpfung in der Gemeinde geführt. Mit der drastischen Erhöhung seiner finanziellen Entscheidungsbefugnisse (zum Beispiel von 100.000 auf 1.000.000 Euro bei der Vergabe von Bauleistungen u.a.) wollen die Mitglieder des Hauptausschusses vorbei an Gemeindevertretung, die ja die Verwaltung zu kontrollieren und den Bürgerwillen umsetzen sollte, sich noch mehr Verfügungsfreiräume über die öffentlichen Finanzen verschaffen. Damit soll nicht nur die Gemeindevertretung Ahrensfelde weiter entmachtet werden; es werden auch in dieser Gemeinde die Türen für die Korruption noch weiter geöffnet und die Verflechtung von Verwaltung und privaten Unternehmerinteressen erhält weitere Rechtsfreiräume. Solche Machenschaften sind nichts Neues."

Egal, wie Sie, liebe Leser, zu dieser Meinung stehen, die aber von vielen geteilt wird. Sie gehört zur Debattenkultur, die in unserer Gemeinde endlich öffentlich geführt werden muss. Erst recht in der Gemeindevertretung, wenn sie für sich in Anspruch nehmen will, den Bürgerwillen zu vertreten. Ich versuche mit meinem Blog meinen Beitrag dazu zu leisten, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.

Fotos: Autor

 

 

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wer fragt, der lernt, oder es ist Hopfen und Malz verloren (Achtung Satire)

Die neue Gemeindevertretung - nach der Wahl ist vor der Wahl (Ende)

Die Posse in Lindenberg hatte Erfolg