Zwei Denkmäler mahnen - aber wer schert sich schon darum?

Vor dem UNO-Gebäude steht seit 1956 ein berühmtes Denkmal des sowjetischen Bildhauers Jewgeni Wutschetisch, das dazu auffordert, Schwerter in Pflugscharen umzuschmieden. Es war auch Symbol der friedlichen Revolution in der DDR. Übrigens hat der Bildhauer auch das Ehrenmal im Treptower Park geschaffen, das an die 70.000 Rotarmisten erinnert, die bei der Befreiung Berlins vom Hitlerfaschismus ihr Leben ließen. Aber das scheint heute vorbei und vergessen, da klaffen bundesweite und mediale Erinnerungslücken. Manchmal schreiben eben nicht die Sieger die Geschichte. 
Schwerter zu Pflugscharen, dieser Forderung, die die Sehnsucht der Menschen nach Frieden verkörpert, sind seit 1978 weltweit die Taget vom 25. Oktober als eine Woche der Abrüstung gewidmet. Sie scheint mir aktueller denn je. 
Die Vereinten Nationen haben diese Oktobertage zur Abrüstungswoche erklärt, um auf die Gefahren des Rüstungswettlaufs aufmerksam zu machen, für dessen Beendigung einzutreten und die Öffentlichkeit für die dringende Aufgabe der Abrüstung zu gewinnen. 
Ich erspare mir einen Kommentar, wie und mit welchen Abrüstungsinitiativen unsere Politiker von Scholz über Baerbock bis Pistorius diese UNO-Woche begehen. Das mag jeder selbst beurteilen. 

Vor dem Bundeskanzleramt mahnt eine weitere Skulptur. Ein Revolver mit verknotetem Lauf, deren Schöpfer der schwedische Künstler Carl Fredrik Reuterswärd ist. So kann er nicht mehr als Schusswaffe gebraucht werden. Aber dieses bronzene Monument scheinen die SPD-Genossen Scholz und Pistorius schlicht zu übersehen. Ursprünglich hieß diese verknotete Pistole, die in Kopien in 30 Ländern ihren Platz fand "Keine Gewalt". Sie steht seit 1988 vor dem Hauptquartier der Vereinten Nationen. Die Idee zu dem Kunstwerk sei dem Bildhauer nach dem gewaltsamen Tod des Musikers John Lennon gekommen und eine Ehrung für den Friedenskampf des Musikers. Inzwischen ist das Kunstwerk ein Mahnmal für Frieden und Abrüstung in Los Angeles, Peking, Lausanne, Malmö und eben auch vor dem Kanzleramt.

Eindruck scheint es aber auf Olaf Scholz wenig zu machen. Wie steht es da um die Erkenntnis seines Vorgängers und SPD-Bundeskanzler Willy Brandt? „Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.“ Gut, Willy Brandt ist tot, aber, wie eine Kaberettistin kürzlich frech behauptete, dennoch lebendiger als der aktuelle Kanzler.

Unweit des Kanzleramtes haben kürzlich in Berlin 42.000 Menschen am 3. Oktober für Frieden und Abrüstung demonstriert und von der Bühne wurde der Berliner Appell gegen neue Mittelstreckenwaffen und für eine friedliche Welt verabschiedet, dessen Wortlaut ich hier wiedergebe:

Wir leben im gefährlichsten Jahrzehnt seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Gefahr, in einen atomaren Abgrund zu taumeln oder durch einen konventionellen Krieg umzukommen, ist real. An dieser Weggabelung stehen wir für eine friedliche und solidarische Welt der Gemeinsamen Sicherheit, Solidarität und Nachhaltigkeit für alle Menschen.

Wir sagen Nein zur Aufstellung neuer US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland.

Die geplanten Hyperschallraketen Dark Eagle steigern die Spannungen und sind insbesondere für Deutschland eine Gefahr, zum Ziel eines Präventivangriffs zu werden. Überdies fördern die geringen Vorwarnzeiten das Risiko von Fehlreaktionen.

Die Stationierung wurde ohne jede öffentliche und parlamentarische Diskussion entschieden. Abrüstungsverhandlungen sind nicht vorgesehen. Wir bleiben dabei, Konflikte und Rivalitäten nicht militärisch zu lösen, sondern alles zu tun, Kriege zu vermeiden oder zu beenden. Dieser Aufgabe darf sich niemand entziehen.

Und deshalb werde  ich wieder am kommenden Montag und so oft ich kann mit meiner Frau und zwei, drei dutzend Gleichgesinnten an der belebten Kreuzung Dorfstraße/Lindenberger Straße stehen und für Frieden und Abrüstung demonstrieren. Weil ich weiß, wohin Aufrüstung und Massenverdummung führen, weil ich ein Kind des Krieges bin, den Deutsche in die Welt trugen. Eines Krieges, der an seine Quelle zurückkehrte und den ich nur durch Zufall überlebte, im Keller eines Hauses in der Stargarder Straße in Berlin, das von einer britischen Luftmine zerfetzt wurde und kurze Zeit danach im Bunker in Dresden am Hauptbahnhof in den Bombennächten im Februar 1945. 

Mehr Motivation für Abrüstung und Frieden weltweit einzutreten, kann es nicht geben. Und davon leite ich auch mein Recht ab, dem Juristen mit Erinnerungslücken Scholz, der Trampolinspringerin Baerbock und dem Gefreiten der Reserve Pistorius ins Gewissen zu reden. Macht Frieden, rüstet ab, beendet Waffenlieferungen in Kriegsgebieten und gebt das Geld in Deutschland für soziale Zwecke, für Kindergärten, Krankenhäuser und Seniorenresidenzen aus! Das wäre sinnvoll und entspräche dem Willen der Mehrheit der Deutschen in dieser Abrüstungswoche, meine ich sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.

Fotos: Autor (2), Zeitgeschehen, Archiv Hartmut Moreike (je 1)

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