Ein Paukenschlag im Bauausschuss - Wachstum ohne Grenzen oder?
Nein, es ging um eine in diesem Zusammenhang geäußerte Bemerkung von Christian Kusch, dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung. Ich hatte ja gefordert, den Siedlungsbau auf Ackerland zu stoppen, um so das Umfeld nicht noch weiter aufzuheizen. Herr Kusch (AWG/BVE) warf da eine Frage in den Raum, die wohl alle, und ich sage ausdrücklich alle in Ahrensfelde interessiert. Wo und wie viel wollen und müssen wir bauen und wo ist die Grenze des Zuzugs? Was kann unsere Infrastruktur noch verkraften? Wo wollen wir hin mit der Einwohnerzahl? Damit müssen wir uns einmal beschäftigen.
Ich hörte förmlich eine Stecknadel zu Boden fallen. Welche Ungeheuerlichkeit, welche Brisanz steckte in diesen Worten! Immerhin wurde seitens AWG und CDU sowie von Bürgermeister und Co. jahrelang Bevölkerungswachstum in der Gemeinde als notwendig proklamiert und Siedlungsbau gefördert, ohne auch nur einen blassen Schimmer zu haben, wie viel echten Bedarf an Wohnraum es gibt. Ja es herrscht bisher die Meinung, 17.000 Einwohner seien für unsere Infrastruktur verkraftbar. Diese Behauptung ist bar jeder seriösen Grundlage.
Ganz nebenbei gesagt, wird selbst diese Grenze schon überschritten, wenn alle in der Planung befindlichen Projekte realisiert werden: Wenn Bonava in den Obstwiesen von der Kirschenallee bis zur Agip-Tankstelle fertig sein wird. Wenn die EKBO-Siedlung der evangelischen Kirche entlang der Lindenberger Straße zwischen Bahnhof Friedhof Ahrensfelde und Heizkraftwerk Realität wird. Wenn beim Kaufland über dem halben Parkplatz an der Landsberger Allee Häuser gebaut werden und schließlich das Winterdorf an der Birkholzer Allee Realität werden sollte.
Das bedeutet natürlich, dass wir eine neue Schule brauchen sowie Kita, Spielplätze, Freizeiteinrichtungen wie etwa Cafés und Restaurants, heißt auch, dass sich das Verkehrschaos potenziert. Mit 17.000 und mehr Einwohnern übertreffen wir jede Menge Kreisstädte. 17.000 Ahrensfelder, das schreit förmlich nach einem Medizinischen Versorgungszentrum und einer Seniorenresidenz. Und schließlich werden Tausende zukunftsträchtige und umweltverträgliche Arbeitsplätze in der Gemeinde benötigt.
Herr Kusch ist wohl ein bedachter Mann. Er
hat das sicher nicht nur so dahingesagt, sondern mit Gespür eine Frage der Menschen unserer Gemeinde
aufgegriffen, die uns alle bewegt, die sehen, wie Verkehr und Besiedelung uns
allen zu schaffen machen, die Lebensqualität in unserer Gemeinde infrage stellt
und unsere Umwelt schädigt, uns förmlich und tatsächlich die Luft zum Atmen nimmt. Ich hätte ihn umarmen
können, doch der Abstand zwischen Bürgern und Gemeindevertretern wird im Saal
immer noch aus Corona-Zeiten recht weit gefasst. Außerdem ist Umarmen von politisch anders Denkend- und Handelnden meine Sache nicht.
Nun hoffe ich, dass diese Gedanken des Chefs unserer
Selbstverwaltung nicht nur Phrasen, einfach mal so rausgehauen sind, sondern
seine Gedanken zu den Hauptaufgaben der Gemeindevertretung in dieser Wahlperioden zählen. Denn wie heißt es, ein gesprochenes Wort enteilt wie ein Spatz, das holst
du nicht mehr ein. Nicht nur ich bin, wie die Leute von BVB/Freie Wähler und Bürger
für Ahrensfelde längst der Meinung, dass eine Bestandsanalyse überfällig ist.
Was können wir den Ahrensfeldern noch
zumuten, was verträgt unsere Infrastruktur, das heißt, Straßen, ärztliche
Versorgung, Kita und Schulen, öffentlichen Personennahverkehr, Versorgung
mit Waren des täglichen Bedarfs und vor allem auch unsere Umwelt?
Dass diese Gedanken in dem Ausschuss für Wirtschaft, Bauwesen, Natur und Umwelt auf Erstaunen und auch Erschrecken stieß, war vorauszusehen. Aber das heißt, sich wahrhaftig mit den Fragen und Sorgen der Bürger zu beschäftigen. Ja, das und nur das ist bei allem administrativen Aufgaben die Pflicht der Gemeindevertretung. Nun werde ich beobachten, was aus der kühnen Ankündigung wird, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.
Foto und Gemälde: Autor