Advendszeit, Zeit, ein wenig innezuhalten und nachzudenken
Und genau darum geht es, um Entschleunigung, sich Zeit zu nehmen, vor allem um nachzudenken, sich nicht von scheinbar wichtigen Terminen, von vorgefassten und verbreiteten Meinungen treiben zu lassen und vor allem nicht von manipulierender Presse. Denken, hat einmal ein Spitzbart mit einem schrecklichen sächsischen Akzent gesagt, ist die erste Bürgerpflicht. Na ja, wer den nicht so gern hat, der gelogen hatte, dass niemand eine Idee hat, eine Mauer zu bauen, sollte den Preußenkönig Friedrich II. zu Rate ziehen: "Wenige Menschen denken, und doch wolle alle entscheiden." Wie wahr!
Und was hat das alles mit Ahrensfelde zu tun? Alles und Nichts. Zum Beispiel treibt die von Bürgermeister Gehrke geführte Verwaltung die Gemeindevertretung zu Entscheidungen über den Siedlungsbau vor sich her, so dass kaum Zeit zum Nachdenken bleibt. Brauchen wir das überhaupt? Welchen Nutzen bringt das der Einwohnerschaft? Welchen Schaden der Natur und damit schließlich uns selbst? Was kostet das uns in der Zukunft? Gibt es andere, bessere Varianten? Solche Varianten aufzuzeigen, dazu ist die Verwaltung mit ihrem Fachbereich Ortsentwicklung sogar nach dem Baugesetz verpflichtet. Doch noch nie ist das in den letzten zehn Jahren geschehen und sicher auch nie davor. Dieses investorengewogene CDU-Verhalten jenseits des Bevölkerungswillens für einen mit Boden spekulierenden Christdemokraten oder eine christliche Kirche macht mir Angst. Auch, dass diese Fragen nie eine Rolle spielen oder nie gestellt, geschweige denn beantwortet werden. Warum wohl? Gier. Geld, Gewinn?
Das Gegenteil ist die Odyssee des Verhaltenskodex. Seit eineinhalb Jahren quält sich dieses Leitbild für die Gemeindevertreter durch die Gremien. Pro forma wurde zu Ergänzungen und Vorschlägen aufgerufen, um diese mehr oder weniger sinnvollen Vorschläge dann niederzustimmen. Ein scheindemokratisches Theater, eher eine Posse. Sieg der Feigheit über den Verstand.
In dieser Zeit hätten wirklich wichtige Themen diskutiert werden können, doch dazu fehlte im Hauptausschuss nicht nur die Zeit, sondern auch das Interesse. Und im Hauptausschuss sind die scheinbar wichtigsten Gemeindevertreter der Fraktionen vertreten. Was da läuft, geht später in der Gemeindevertretung seinen Gang. Und ich greife die Frage, wie sich die Gemeindevertreter verhalten wollen auf und frage erweitert, wie wollen wir in Ahrensfelde leben? Jeder spürt doch, dass ein Riss durch die Bürgerschaft der Gemeinde geht. Ist da nicht endlich Zeit, über die Ursachen nachzudenken und versuchen, hier etwas zu ändern? Es gehrt hier nicht um christliche Nächstenliebe, sondern um um eine sich tolerierende Gemeinschaft und ein respektvolles Zusammenleben mit dem Ziel, für jeden Einzelnen bei uns das Leben besser zu machen. Ja, das geht.
Unsere "Spitzenmedien" und die recht scheingebildete Politikerkaste im Lande tragen auch bei uns dazu bei, ob wir es wollen oder nicht, dass die Menschen weniger kritisch denken und ihren Instinkt der Neugier nach Wissen verlieren. Das ist besorgniserregend und scheint eine Pandemie zu sein. Um so wichtiger ist es, sich Zeit zu nehmen, um gründlich nachzudenken und sorgfältig auch in der Gemeindevertretung zu arbeiten. Und wer das nicht will oder kann, ist fehl am Platz. In einer ruhigen und ausgewogenen Umgebung können Menschen übrigens kreativer und produktiver sein. Davon kann ich als Schriftsteller ein Lied singen, denn ich schreibe meine Bücher und auch diese Blogtexte überwiegend nachts.
Wichtige und komplizierte Dinge brauchen eben Zeit zur Überlegung. Michelangelo sagte einmal: „Kleinigkeiten machen Vollkommenheit aus, und Vollkommenheit ist keine Kleinigkeit“. Sein monumentales Fresko „Das Jüngste Gericht“ (siehe Illustration) in der Sixtinischen Kapelle entstand in fünf Jahre harter Arbeit und wie lange wurde am Köllner Dom gebaut?
Herr Kusch hat ein Leitbild für die Abgeordneten, wie sich heute der Verhaltenskodex nennt, maßgeblich erarbeitet und bis zur Entscheidung in den Hauptausschuss gebracht. Apropos Leitbild, warum nehmen wir uns nicht das Leitbild, das seit dem Mittelalter bis heute auch bei uns unsterbliche Meisterwerke der Kunst, der Wissenschaft und des Ingenieurwesen geschaffen hat und uns daran erinnert, dass es manchmal besser ist, sich die Zeit zu nehmen, die wir brauchen. Zeit, um sich ernsthafte Gedanken zu machen, wie wir heute und morgen in unserer Gemeinde leben wollen und dann wirklich richtige und wichtige Entscheidungen gemeinsam mit den Bürgern zu treffen. Das ist doch gerade in der Weihnachtszeit etwas, um darüber nachzudenken, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.
Fotos: Autor (1), Archiv Hartmut Moreike (1), Cartoon CSM.Pasted-Graphic, Porträt Friedrich II. Hartmut Moreike