Wie groß und wohin soll Ahrensfelde wachsen und sind wir arm?
Zwei hochinteressante Fragen. Viele Ahrensfelder sind der Meinung, das Boot ist voll. Der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Herr Kusch, hatte in einer der Beratungen etwas Ungeheuerliches getan. Er hatte doch tatsächlich vorgeschlagen, dass sich das Gremium einmal damit befassen müsste, wie Ahrensfelde in Zukunft aussehen sollte, was und ob wir noch bauen müssten und wie viel Zuzug wir, und damit meinte er wohl uns Bürger, noch vertragen. Wow! Das war unter der CDU-Führung der Gemeindevertretung, auch der Bürgermeister ist ein christlicher Demokrat, ein absolutes Tabu. Denn die Einwohner spüren tagtäglich, dass unsere Infrastruktur ächzt, der Verkehr uns in jeder Hinsicht die Luft zum Atmen nimmt, die ärztliche Versorgung schon längst an ihre Grenzen gestoßen ist, das Wasser knapp wird und zukunftsgemäße Arbeitsplätze in der Gemeinde in den Sternen stehen. Um nur Einiges aus der langen Problemliste zu nennen.
Also ist so eine grundsätzliche Debatte, die die Ahrensfelder, die Alten und die Zugezogenen, gleichermaßen bewegt, längst überfällig. Bürgerbefragungen, die mehrheitlich für eine schonende Entwicklung mit notwendiger Verbesserung der Infrastruktur, den Verzicht von weiterem Siedlungsbau auswärts und auf Ackerland votierten, wurden arrogant ignoriert. Nicht nur von der Verwaltung und dem Bürgermeister, sondern auch von der einstigen Gemeindevertretung, die mit ihren Entscheidungen für Siedlungsbau die Einwohner verhöhnte. Die wahre Sorge um die Bürger scheint schon lange passé. Geht das so weiter?
Und jüngst hat doch Bürgermeister Gehrke vor den Siedlern sinngemäß schwadroniert oder gedroht, es hängt ganz vom Standpunkt ab, dass die Gemeinde arm wäre und Zuzug und Siedlungsbau bräuchte, dass also mit der Siedlung der evangelischen Kirche entlang der Lindenberger Straße und dem Winterdorf an der Birkholzer Allee längst noch nicht das Ende des Siedlungsbaus gekommen sei. Und da ist keiner aufgestanden, hat keiner protestiert und ist keiner gegangen? Das tut weh. Sind wir denn alle schon solche Stillehalter geworden? Und maßt sich Herr Gehrke nicht an, für die Entscheider, die Gemeindevertreter zu sprechen? Immerhin ist die Gemeindevertretung die Dienstvorgesetzte unseres Bürgermeisters.
Nichts hören, nichts sehen und nicht sagen, na prima.
Also das mit dem arm sein, ist nicht einmal die halbe Wahrheit. Natürlich weist unser Haushalt ein Defizit von etwa 3 Millionen Euro aus. Das könnte besser sein und es ist zu befürchten, dass genau das ein Motiv sein wird, den Hebesatz für die Grundstückssteuer für die meisten Ahrensfelder kräftig zu erhöhen. Im Finanzausschuss haben das die Gemeindevertreter und sachkundigen Einwohner schon abgenickt, obwohl sie vor den Wahlen etwas anderes versprochen hatten. Warum? Es bewahrheitet sich wieder eins zu eins: Die Wahlversprechen von gestern sind die Steuern von morgen. Ich weiß nicht, wie lange sich die Ahrensfelder das gefallen lassen, dass ihnen Märchen erzählt werden, um in ihre Taschen zu greifen?
Aber wie arm ist denn unsere Gemeinde tatsächlich, und haben wir Reserven, habe ich im Hauptausschuss im Dezember gefragt? Und wer vernünftig fragt, dachte ich frei nach Goethe, bekommt auch vernünftige Antworten. Gefehlt. Kämmerer Knop hat darauf nicht konkret geantwortet und nur den angespannten Haushalt zelebriert. Aber wie arm ist denn nun unser Ahrensfelde wirklich, das 24,9 Millionen Euro (in Worten vierundzwanzig Komma neun Millionen €) auf Festgeld- und Tagesgeldkonten im Haushalt auf der hohen Kante angibt und dazu noch 524.700 Euro an Zinsen und Ausschüttungen an Gewinnanteilen im Jahr planen kann? Und das ohne noch die gemeindeeigenen Immobilien dazu zu zählen. Und das alles, liebe Leute, ist unser Geld, sind unsere Steuern.
Selbst wenn wir jeden Cent zusammenhalten müssen etwa für einen bald notwendigen neuen Schulneubau oder ein Medizinisches Versorgungszentrum können wir gut damit auskommen, wenn die Fördermittel einmal rechtzeitig und mit der korrekt erforderten Dokumentation eingereicht werden. Bei der Lindenberger Schule hat es ja leider nicht geklappt und da ist Prahlen unangebracht, dass wir es ohne Fördermittel gestemmt haben.
Also, was diese zu Tränen rührende Geschichte vom armen Ahrensfelde betrifft, so scheint mir der intensive Umgang mit Kühen und Federvieh zumindest für Hobbylandwirte zu einem teilweisen Realitätsverlust und zur Immunität gegen Bürgerwillen zu führen. Und solchen Tagträumen und Spekulationen von der Hypergemeinde Ahrensfelde, die heute schon größer ist als dutzende Kreisstädte im ganzen Land, die reale Verschlechterung der Lebensverhältnisse und der unentschuldbare Umgang mit der Natur sind für mich und für viele Einwohner der Gemeinde, die sich um unsere Heimat sorgen und sich tagtäglich für ein lebens- und liebenswertes Ahrensfelde einsetzen, eine Beleidigung. So etwas regt mich nicht nur auf, sondern fordert meinen Widerstand heraus, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.
Fotos: Autor, Karikatur Autor nach Depositophoto, Archiv Hartmut Moreike, © Hartmut Moreike
Der nächste Beitrag geht der Frage nach, was für Verwaltung und Gemeindevertretung in der Wahlperiode die wichtigsten Herausforderungen sind? Und Sie werden über die Antworten staunen!