80 Jahre Konferenz von Jalta und die trügerischen Hoffnungen
Ich habe 1954 selbst als Schüler gesehen, welche Spuren der Krieg auf der Krim hinterlassen hatte. Und mehr noch, am Stacheldraht aus der Kriegszeit habe ich mir den Allerwertesten aufgerissen. (Näheres in meinem Buch "Ich Bombenziel - Krieg tötet Liebe"), dessen Titel genau zu der Konferenz von Jalta passt. Und in den Tagen nach der Beratung in Jalta überlebte ich wie durch ein Wunder in Dresden das todbringende zweitägige Bombardement anglo-amerikanischer Bomberverbände im Gegensatz zu schätzungsweise 200.000 Toten.
Doch zurück zur Konferenz. Die Ortswahl war nicht nach dem Geschmack der Gäste. Der kranke Roosevelt musste 11.000 Kilometer mit dem Schiff und dem Flugzeug anreisen. Churchill wiederum meinte, dass Stalin keinen schlimmeren Ort auf der Welt hätten finden können. Er sollte aber, um überleben zu können, einen angemessen Whiskyvorrat mitgenommen haben und behauptete, Whisky sei gut gegen Typhus und tödlich für die Läuse, die in der Gegend gedeihen. Nun, der Lipadja-Palast, die Sommerresidenz der beiden letzten Zaren, war als Tagungsort kaum in Mitleidenschaft gezogen.
Doch alle Versuche der Briten und Amerikaner, einen anderen Treffpunkt zu vereinbaren, waren an der Sturheit von Josef Stalin gescheitert. Am Schluss einigten sich die USA, Großbritannien und die Sowjetunion sowohl auf die Teilung Deutschlands als auch auf die Charta einer zukünftigen internationalen Organisation – der Vereinten Nationen oder UNO. Besonders zufrieden mit den Ergebnissen war die amerikanische Delegation.
Harry Hopkins, ein enger Berater Roosevelts, beschrieb die euphorische Stimmung nach der Jalta-Konferenz: „Wir glaubten im Herzen wirklich, ein neuer Tag sei angebrochen. Wir waren absolut überzeugt, den ersten großen Friedenssieg gewonnen zu haben – und wenn ich sage ‚wir‘, dann meine ich uns alle, die ganze zivilisierte Menschheit. Die Russen hatten bewiesen, dass sie vernünftig und weitblickend sein konnten, und weder der Präsident noch irgendeiner von uns zweifelte im Geringsten daran, dass wir mit ihnen leben und friedlich auskommen könnten bis in unabsehbare Zukunft.“
Wer die Geschichte kennt, weiß, dass schon damals die Großmächte völlig andere Interessen hatten und nach dem Frieden im heißen Krieg folgte bald der Kalte. Haben wir denn nichts aus der Geschichte gelernt? Und nun will uns der Obergefreite der Reserve Pistorius (SPD) wieder "kriegsbereit" machen. Übrigens ein Begriff aus der Nazizeit.
Nun noch ein kurzer Rückblick in die Geschichte der Krim, die heute die Gemüter bewegt und das ist absolut mein Gebiet als Schriftsteller mit der Spezialisierung auf russische Kunst, Kultur und Geschichte von Peter I. bis Nikolaus II. Zarin Katharina II., die einstige Prinzessin von Herbst-Anhalt, hatte ihren Geliebten Fürst Potemkin in den Süden Russlands geschickt, um den Unruheherd an der Grenze zum Osmanischen Reich zu beruhigen. Dass er fast bis Konstantinopel vorstieß, hatte sie nicht erwartet.
Potemkin eroberte das Chanat Krim leicht ohne Verluste und Katharina II. erklärte am 8. April 1783, dass die Krim "von nun an alle Zeiten zu Russland gehört". Also 1783! Damals lebte nur ein Drittel Russen auf der Krim. (Heute über 58 %). Mit 36 Prozent waren die Krimtataren die größte Nationalität, Ukrainer siedelten etwas 10 - 12 Prozent auf der Halbinsel.
Am 18. Oktober 1921 wurde die Autonome Sozialistische Sowjetrepublik Ukraine innerhalb der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) gegründet, zu der auch die Krim gehörte. Und es ist daher purer Unsinn, davon zu sprechen, dass der Ukrainer Chruschtschow die Krim an die Ukraine verschenkte. Am 19. Februar 1954 beschloss der Oberste Sowjet anlässlich des 300. Jubiläums der Vereinigung der Ukraine mit Russland den symbolischen Akt, die Krim der Ukrainischen Sowjetrepublik zu übergeben.
Offizielle Bekanntmachung des Obersten Sowjets über die Überführung der Krim in die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik
Das war verwaltungstechnisch und ökonomisch sinnvoll. Schließlich gehörte die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik wie die anderen 14 Sowjetrepubliken von 1921 bis 1991 zur Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, der UdSSR. Im Artikel 14. der Stalinschen Verfassung von 1936 ist ersichtlich, dass die Autonomie der Unionsrepubliken nur auf dem Papier existierte und Moskau immer alle Entscheidungen traf, politisch, wirtschaftlich, ja selbstverständlich auch in Kaderfagen.
Und nun zur Aktualität zurück. Jalta leitete eine Friedensordnung für Europa ein. Denn wie sagte einst Ex-Bundeskanzler Willy Brandt: "Frieden ist nicht alles, alles ohne Frieden nichts." Das sind die Fakten, sauber aus historischen Dokumenten recherchiert, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.
Fotos: Autor (2), Archiv Moreike (1), Archiv Zeitgeschehen (2)