Kennt der Vorsitzende der Gemeindevertretung unsere Satzungen?

Eigentlich müsste er unsere Dokumente aus dem Effeff kennen. Jetzt heißt es aber im Verhaltenskodex: "Anderen Meinungen und Auffassungen begegnen wir sachlich, höflich und respektvoll." Aber in der Januarberatung der Gemeindevertretung, wo es genau um diese Leitsätze ging, war das leider nicht so. Nun ist Herr Kusch, Vorsitzender der Gemeindevertretung, in gewisser Weise der "geistige Vater" des Verhaltenskodex. Das ist zweifellos sein Verdienst. Dass der Verhaltenskodex offensichtlich aber Schall und Rauch ist, hat er bewiesen. Als ich einige Vorschläge zum Nachdenken und zur Diskussion in der Einwohnerfragestunde vorbringen wollte, unterbrach er mich mehrmals bedrängend mit der Aufforderung: "Herr Moreike, stellen Sie ihre Frage." 

Offensichtlich kennt er die Satzungen unserer Gemeinde doch noch nicht so genau. In der Einwohnerbeteiligungssatzung heißt es im § 2 unter Einwohnerfragestunde: "In öffentlichen Sitzungen der Gemeindevertretung sind Personen, die in der Gemeinde ihren ständigen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben (Einwohner), berechtigt, kurze mündliche Fragen zu Beratungsgegenständen dieser Sitzung oder anderen Gemeindeangelegenheiten an die Gemeindevertretung oder den Hauptverwaltungsbeamten zu stellen sowie konkrete Vorschläge oder konkrete Anregungen zu unterbreiten." Also erstens bin ich schon ein Vierteljahrhundert Einwohner von Ahrensfelde. Zweitens stand der Verhaltenskodex auf er Tagesordnung. Er war also Beratungsgegenstand! Drittens hatte ich ganz konkrete Vorschläge und Anregungen für die Diskussion um den Verhaltenskodex. 

Ich nehme ihm das alles nicht übel, schließlich ist er erst ein halbes Jahr im Amt. Was ich ihm ernst ankreide, dass er mein demokratisches Recht als aktiver und engagierter Einwohner auf diese Art und Weise beschnitten hat. Ich bin weder einer seiner Untergebenen noch ein dummer Junge. Wenn er schon mein Alter und meine ehrenamtliche Arbeit nicht achtet, so doch wenigstens die Satzungen der Gemeinde Ahrensfelde. Übrigens hat das seine Vorgängerin, Frau Hübner, mit Großmut gegenüber uns Einwohnern und viel Fingerspitzengefühl gehandhabt. Nun, die Frau hat ja mehr Lebenserfahrung.

Und noch etwas zum Thema. Diese Einwohnerbeteiligungssatzung ist kein Witz, denn darüber gibt es nichts zu lachen. Sie ist überholt und so gestaltet, dass sie die Beteiligung der Einwohner an demokratischen Prozessen auf ein Minimum beschränkt und gerade noch so der Kommunalverfassung entspricht. Auch das nicht, denn die ist überarbeitet worden und überlässt es der Fantasie und der Bürgernähe der Gemeindevertretungen, weitere, moderne Formen der Einwohnerbeteiligung in ihre Satzungen aufzunehmen und zu praktizieren. So hält unsere Praxis weder der entwickelten direkten Demokratie noch den Empfehlungen der höchsten politischen Gremien unseres Landes stand. 
Damit verzichtet unsere Gemeinde wissentlich auf die Klugheit und den Erfahrungsschatz seiner Einwohner, was zur Folge hat, dass die sich politisch in die Ecke gestellt fühlen und sich dem Engagement für die Gemeinde entziehen. Ist das gewollt? Ich befürchte ja, denn darüber denkt niemand in der Gemeindevertretung bisher nach. Viele sonnen sich in ihrer von der Verwaltung erfreulich registrierten überheblichen Kenntnis- und Ideenlosigkeit. Das Recht auf politische Mitgestaltung ist kein Almosen und kein Geschenk, das die Verwaltung verteilt. Etwa wie ein Knochen, den man dem Hund hinwirft. Es ist ein elementares Bürgerrecht. Mit seiner Einschränkung oder Beschneidung will ich mich nicht abfinden, denn wir Einwohner wollen unsere Gegenwart und Zukunft, unsere Pläne von einem lebens- und liebenswerten Ahrensfelde jeden Tag und nicht nur alle vier Jahre zu Wahl selbst mitbestimmen. Ich werde nicht müde, mich dafür einzusetzen, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.


Fotos: Autor, Cartoon: HSB Cartoon


Natürlich beobachte ich wieder aktiv die Beratung der Gemeindevertretung am 17. Februar. Einer der nächsten Beiträge befasst sich dann mit dem Thema, was ist Korruption und gibt es sie in unserer Gemeinde?






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