Warum ich jeden Tag lese und schreibe - zum Tag der Muttersprache

Heute, am 21. Februar ist der UNESCO-Tag der Muttersprache. Eine Nation zeichnet sich durch eine gemeinsame Sprache aus. Nicht umsonst heißt es: Die Sprache ist die Seele eines Volkes und der Schlüssel zur Welt. Nun, Stilistik war eines meiner Hauptfächer im Studium und das Fach hat viel mit der Beherrschung der Sprache zu tun. Um so schmerzlicher erlebe ich die Verhunzung unserer Sprache, die Sprache der Dichter und Denker. Conrad Duden oder die Gebrüder Grimm würden sich im Grabe umdrehen. Denn der Wert und die Schönheit der deutschen Sprache werden verunstaltet. 
Nichts gegen eine Modernisierung und Vereinfachung, aber Gendern macht unseren Sprachschatz zur Trottelsprache. Diese teilweise aufgegriffene Idee der zumeist bildungsfernen grünen Politiker ist ein Skandal. Deshalb hat meine einstige "Wochenpost"-Kollegin Monika Maron mit anderen einen Widerspruchprotest ins Leben gerufen, den 95.000 Rektoren von Hochschulen, Dozenten, Sprachforscher, Wissenschaftler, Schriftsteller, Schauspieler, Grundschullehrer aus dem In- und Ausland unterzeichnet haben. Ich auch. 86 Prozent der deutschen Erwachsenen sind gegen das Gendern. Noch Fragen?

Ja, die Sprache lebt und verändert sich. So gibt es ganze Lexika untergegangener Wörter, die mit  Afterkind beginnen und mit Zungenheld enden. Kurios, aber nicht weniger treffend waren Jungfernzwinger für Kloster oder Gesichtserker für Nase. Natürlich ist es ein Gerücht mit böswilligem und überheblich westlichem Zug, dass in der DDR Weihnachtsengel als geflügelte, geschlechtslose Himmelswesen bezeichnet wurden. Schwamm drüber. 

Die Sprache lebt. Im Laufe der Zeit wurden viele Worte aus anderen Ländern entlehnt und fanden ihren Eingang in unsere Alltagssprache, wie etwa Sputnik und Datscha aus dem Russischen, Mischpoke und Kaff aus dem Hebräischen, aus dem Französischen Accessoire und Debüt, dem Türkischen Döner und Heck-Meck und dem Italienischen, um nur einige zu nennen Fiasko und Graffiti. Sie sind einerseits Zeichen einer politischen und kulturellen Verbundenheit und andererseits durch Migration entstanden. Sie haben die  deutsche Sprache oft bereichert und vereinfacht.

Mein Freund, Prof. Feudel, war Direktor des Instituts für Sprachforschung der Akademie der Wissenschaften. Eine große Sprachreform aller deutschsprachigen Länder war geplant. Übrigens ist Deutsch die am meisten in Europa gesprochene Sprache. Vorgesehen war vor allem eine an alle Staaten angelehnte Kleinschreibung. Die scheiterte an der westdeutschen Kultusministerkonferenz, in der nicht ein Germanist oder Hochschullehrer war, auch an politischer Engstirnigkeit. Und jetzt maßte sich dieser Klub der Politiker an, zu entscheiden, was gut und richtig ist, in den Duden aufzunehmen. Aber die Sprache ist nicht ein Spielball, sondern ein hohes Gut aller Völker, die deutsch sprechen. Ja, das Deutsche ist verdammt schwer, offenbar nicht nur für Ausländer. Mark Twain kritisierte die vielen Ausnahmen von den Regeln, als er 1880 schrieb: "Wer nie Deutsch gelernt hat, macht sich kein begriff, wie verwirrend diese Sprache ist." Was nun als Rechtschreibreform in unserem Land gilt, ist ein Skandal. Und zu recht schreiben die ernst zu nehmenden Schriftstellern ihre Werke nach der alten Art und Weise. "Ich möchte heute kein Kind sein, das lernt, oder ein Lehrer sein, der lehrt", sagte Literaturpapst Reich-Ranicki. Die neue Rechtschreibung sei nicht akzeptabel. Deshalb schreibe ich wie viele meiner berühmten Kollegen klassisches Deutsch in der Sprache von Goethe und Heine und von Brecht und Grass.

Zum  Verhunzen der Sprache gehören auch die Anglizismen, weil jeder winzige Kiosk heute ein Point ist und jeder Hausmeister ein building superintendent oder facility Manager. Insgesamt 17.000 englische Wörter werden bei uns verwendet, davon 800 im täglichen Umgang mehrfach. 

Das sind 3 Prozent unserer Sprache und 3 Prozent zu viel. Die Amerikanisierung heute ist Schwachsinn und wird mit Weltoffenheit begründet, so dass wir alle unseren Body für den Way of Live coatchen lassen müssen. Ich fahre nie zu einem Fastfood-Inn, wo mir im Drive in my  Milkshake and Chicken-Wraps in my car gereicht wird. Als Sprachpanscher des Jahres 2024 wurde die Rektorin der TU Dresden, Frau Professor Ursula M. Staudinger gewählt. Auch, weil es an der wohlgemerkt sächsischen TU Dresden einem „E-Teaching-Day“ mit einer „Fuck-Up-Night“ gab. Scheen, newa! Und da verlangen wir von unseren Migranten, dass sie deutsch lernen? Ja wie und wo?

Dieses Neuanglodeutsch ist für jeden Germanisten eine Ohrenqual, aber leider oft ein bedeutender Teil des recht dürftigen Sprachschatzes junger Leute. Und die offiziösen rechtlichen Medien sind voll dabei. Jedoch  dieses Neuanglodeutsch scheint in unserer engen Partnerschaft mit den USA auch politisch vor allem von einer Transatlantik-Lobby gewollt. Ich glaube jedoch, dass sich diese Demutsgeste nicht auch noch unbedingt sprachlich niederschlagen muss. 

Die Muttersprache lernen wir, und deshalb trägt sie zu recht dieses Attribut, von der Mutter. Nach unserem Ggrr, Babaa, werden wir immer wieder aufgefordert, endlich Mama zu sagen, ohne zu wissen, was das bedeutet. Dann kommen Wort für Wort dazu, ja auch das wichtige AA. Bald lernen wir die Farben erkennen und ihre Bezeichnung. Aber nach der Familie geht es mit dem richtigen Lernen der Sprache in der Schule weiter. Wir lernen vor allem durch lesen. Und deshalb lese ich, seit dem ich vier bin, so ziemlich jeden Tag und heute einige Stunden, Bücher, was in der Welt so los ist im Internet, auch online Zeitungen und vor allem kritische und internationale Web-Seiten, so lange sie noch nicht gesperrt werden. 

All das bedeutet für mich eine Erweiterung meines Wortschatzes, ein Vordringen in eine neue, reichere Welt, ein Muss, für meine schriftstellerische Arbeit für die nächsten 25 Bücher.

Wie sagte doch der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer: "Die Sudler sollten ihre Dummheit an etwas anderm auslassen, als an der deutschen Sprache." Als diplomierter Journalist habe mich mich zur Pflege und zum Schutz der deutschen Sprache verpflichtet, ohne Gelöbnis zwar, aber ebenso ernst, wie ein Mediziner seinen Eid auf Hippokrates ablegt. Und dieser Mission bleibe ich treu, solange ich noch die Feder halten kann, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.

Fotos: Autor, Archiv, Zeitgeschehen, Lösch, Cartoon Toonsup



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