Ein Aufreger und ein Fall für die Kommunalaufsicht - der Bürgermeister entlastet sich selbst


Ja geht denn das? Das war die Frage auch vom Lindenberger Bürger Dr. Gebel. Im Februar hatten die Gemeindevertreter den geprüften Jahresabschluss 2022 zu bestätigen. Das haben sie auch mit 16 Mal Ja und 5 Enthaltungen getan. Das gleiche Ergebnis beim Kommunalen Gesamtabschluss 2022. Und damit verbunden ist stets die Erteilung der Entlastung des Bürgermeisters für das Haushaltsjahr 2022.  Und hier lag der Hase im Pfeffer, denn Bürgermeister Gehrke hat kühn oder unwissend mit abgestimmt und sich so selbst die Entlastung erteilt.

Nun sieht die Kommunalverfassung vor, dass Gemeindevertreter, und das ist der Bürgermeister in jedem Fall, ein Mitwirkungsverbot haben, wenn ihre Stimme ihnen in irgendeiner Weise zum Vorteil gereicht. Und das hat Herr Gehrke selbstverständlich, wenn er sich für ein Haushaltsjahr und die Arbeit als Hauptverwaltungsbeamter entlastet.

Darauf machte Dr. Gebel, der sich übrigens für ein transparentes Ahrensfelde engagiert,  in einer Pause der Beratung der Gemeindevertretung den Vorsitzenden des Gremiums, Herrn Kusch, aufmerksam, der sich in dieser Frage auch nicht ganz wohl gefühlt hatte. Folgerichtig wandte sich Herr Kusch an die dafür zuständige Kommunalaufsicht. Das Ergebnis wurde in Auszügen auf der jüngsten Beratung der Gemeindevertreter verlesen. Und vorweg lautete es kurz gefasst, nein, aber! Wie immer wird eine klare Aussage bei Funktionsträgern, ob Gemeinde und Kreis vermieden.

Jedoch lesen sie selbst aus der verkürzten Antwort der Kommunalaufsicht: "Sie haben sich mit der Frage an die Kommunalaufsicht gewandt, ob der Bürgermeister bei der Entscheidung über seine haushaltsrechtliche Entlastung befangen ist bzw. einem Mitwirkungsverbot unterliegt. Gleichzeitig teilten Sie mit, dass das Abstimmungsverhalten in der Gemeindevertretersitzung am 17. Februar 2025 bei der Beschlussfassung über die Entlastung (das Haushaltsjahr 2022 betreffend) eindeutig war und es nicht auf die Stimme des mitwirkenden Bürgermeisters ankam....Ungeachtet der Fragestellung, ob ein Mitwirkungsverbot für den Bürgermeister bestand, ist festzustellen, dass der Beschluss über die Entlastung des Bürgermeisters für das Haushaltsjahr 2022 im Ergebnis nicht rechtswidrig ist. Unterstellt man ein Mitwirkungsverbot, war die Stimme des Bürgermeisters für das Abstimmungsergebnis jedenfalls nicht entscheidend. Auch ohne seine Stimme wäre der Beschluss mehrheitlich gefasst worden...Mit der Entlastung wird der Bürgermeister von haftungs-, straf- und disziplinarrechtlichen Folgen freigestellt und die Art und Form der Haushaltsführung gebilligt. Viel spricht daher dafür, dass die Beratung und Beschlussfassung über die Entlastung zumindest eine Frage ideeller, möglicherweise auch wirtschaftlicher oder politischer Interessen ist. Auch wenn es hierzu noch keine Rechtsprechung für das Land Brandenburg gibt, wird insbesondere mit Verweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Trier zu nahezu gleichlautender Gesetzeslage dringend empfohlen, dass der Bürgermeister künftig von einer Mitwirkung bei der Beratung und Beschlussfassung über seine Entlastung absieht."

Das wäre also geklärt und sicher auch im Sinne von Bürgermeister Wilfried Gehrke. Dass da bis auf Bürger für Ahrensfelde niemand von den Gemeindevertretern auch nur eine Nachfrage zum Stimmverhalten von Bürgermeister Gehrke hatte, spricht nicht gerade für sie. Hatten sie doch erst kürzlich ihren Verhaltenskodex beschlossen. Ja, grau ist alle Theorie.

Diesmal blieben die üblichen Attacken und Empörungen anderer Gemeindevertreter aus, da sich der Vorsitzende des Gremiums an die Kommunalaufsicht gewandt hatte. Wenn es Bürger getan haben, wurde es oft als Nestbeschmutzung, als Ungeheuerlichkeit gewertet. Hier noch einmal zur Klarstellung für Unbelehrbare von AWG und CDU: Jeder Bürger hat das gesetzliche Recht, sich bei Zweifel und Fragen in kommunalen Angelegenheiten an die Kommunalaufsicht des Kreises Barnim zu wenden. Ja es ist sogar seine Pflicht, wenn er glaubt, Verstöße gegen die Kommunalverfassung zu erkennen. Und Zweifel sind nun einmal der erste Schritt für Veränderungen, gegen die sich die Mehrheit der Gemeindevertreter wehrt. Deshalb zweifele ich so manches Mal an Entscheidungen unseres Gemeindeparlaments, jedoch sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.

Fotos: Autor, Cartoon Tomicek

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