Wir bekommen ein Vorab-Gymnasium - ein gutes Ende nach allerlei Hickhack?

Und nun ist es passiert. Unsere Gemeindevertreter, ich weiß nicht, ob es noch unsere sind, so oft haben sie schon gegen den Willen der Bürger Entscheidungen getroffen oder nicht gründlich über die Folgen ihrer Beschlüsse nachgedacht, sie haben nun mehrheitlich den Weg frei gemacht für das Interimsgymnasium in containerartigen Modulen in Lindenberg. Ich erinnere mich noch gut, dass so ein Konstrukt in der alten Gemeindevertretung abgelehnt wurde. Was die Gemeindevertreterin Formazin nicht daran hinderte, diesen Vorschlag im Kreistag zu verfolgen. Nun hat sie den jüngsten einstimmigen Beschluss des Kreistages als Festtag für die Gemeinde bezeichnet. 
Der erste Standort für das Provisorium hinter den Sportplätzen von Grün-Weiß wurde dann aber vom Kreis abgelehnt, weil dort keine Medien wie Wasser und Strom anlagen und natürlich auch kein Bus hinfährt. Der neue geplante Platz für diese Modulschule wurde schöngeredet, was nichts daran ändert, dass das ganze Prozedere eine anrüchige Nummer ist. Dass der einzige mögliche Platz für Volksfeste der  Lindenberger entfällt, ist noch das geringste Übel. 

Im Februar hat Bürgermeister Gehrke diesen Grundsatzbeschluss in der Gemeindevertretung zurückgezogen, weil er wusste, dass er sonst gegen die Kommunalverfassung verstoßen hätte. Eine diesbezügliche Anfrage lag bei der Kommunalaufsicht vor. Und die hat sich wohl gewundert, was so in Ahrensfelde möglich ist, denn der Ortsbeirat Lindenberg war nicht angehört worden. Aber das sieht die Kommunalverfassung anders. Im Paragraphen 46 über die Angelegenheiten des Ortsbeirates heißt es ganz klar: Der Ortsbeirat ist vor der Beschlussfassung der Gemeindevertretung oder des Hauptausschusses in folgenden Angelegenheiten zu hören:

  1. die Planung von Investitionsvorhaben in dem Ortsteil. Ist in Lindenberg eine Investition geplant? Aber was für eine! Und nirgendwo steht geschrieben, von wem die Investition geplant ist, also von allen, egal ob Kreis oder Land.  
  2. die Aufstellung, Änderung und Aufhebung des Flächennutzungsplans sowie von Satzungen nach dem Baugesetzbuch und bauordnungsrechtlichen Satzungen, soweit sie sich auf den Ortsteil beziehen. Ja, vielleicht muss auch der Flächennutzungsplan angepasst, heißt geändert werden. Wenn ich mir da nicht so sicher bin, beim folgenden Artikel gibt es keine Zweifel. "
  3. die Planung, Errichtung, Übernahme, wesentliche Änderungen und Aufhebung von öffentlichen Einrichtungen in dem Ortsteil. Ist ein Gymnasium eine öffentliche Einrichtung? Natürlich. Also was lief hier eigentlich?

Die Vorgehensweise wurde nicht nur von Bürger für Ahrensfelde kritisiert, denn im Kreistag ist bereits das Interimsgymnasium einstimmig beschlossen worden, bevor unsere Gemeindevertretung überhaupt das Gelände zur Verfügung gestellt hat. Aber es ist ja noch nicht der Schluss! Die Werneuchener, wie auch viele andere Kreistagsabgeordnete stimmten in alter Zusammensetzung schließlich auch für Ahrensfelde als Standort für ein Gymnasium, weil es verkehrsgünstig direkt an der Trasse des RB 25 liegen würde. Aber wo liegt denn Lindenberg? Und das Argument der kürzeren Anfahrten für die Schüler ist nicht überzeugend, eher lokalpatriotisch. Denn was für die Ahrensfelder zutrifft, ist für die Schüler aus der Weesow, Seefeld, Krummensee und Werneuchen ein Minus.

Oft wird als Argument ein Synergieeffekt angeführt. Na klar, aber der unbestrittene Vorteil für die Gymnasiasten ist vielleicht ein Nachteil für die Grundschüler. Da kann noch so viel fantasiert werden, weder Sporthalle noch Mensa sind für diesen Fall konzipiert. Im Gegenteil, der Schulalltag wird empfindlich beeinträchtigt, auch wenn die Direktorin der Grundschule Herrn Gehrke versicherte, "wir schaffen das". Der Bürgermeister gab auf meine Frage zu, dass das schon eine logistische Herausforderung sei und die Partner aufeinander zugehen müssten. Als Provisorium für den gymnasialen Sportunterricht soll eine kleine Sporthalle des TSG Lindenberg dienen und für das Schüleressen kann das nahe Ortsteilzentrum dienen. Aber, nichts steht länger als Provisorien, wenn ich an die Baracken im Blumberger Lenné-Park denke.

Und schließlich entstehen so weitere Kosten, von um so zehn Millionen ist die Rede. Und es ist nicht wahr, dass weder dem Kreis noch der Gemeinde keine Kosten entstehen. Die Gemeinde ist nicht die Verwaltung, sondern das sind wir, die Bürger, es sind unsere Steuern. Was später mit dem Modulen in einigen Jahren wird, wenn sie ausgedient haben, danach hat auch kein Gemeindevertreter gefragt. Seltsam!

Ist es das wert? Mir scheint, dass es hier nicht nur um einen echten Bedarf geht, sondern um lokalpolitisches Konkurrenzdenken, um eine Entscheidung für ein Gymnasium in Ahrensfelde unumkehrbar zu machen, mit dem sich Bürgermeister Gehrke ein Denkmal setzen will, wie die Spatzen von den Dächern zwitschern? Ich beteilige mich nicht an Spekulationen. Die manchmal recht kruden Gedanken und Wünsche des Bürgermeisters sind für mich ohnehin eine fremde Welt, die nicht die Meine ist. Es ist nach diesem Hickhack unerquicklich, dass die Gemeindevertreter mit 18 Ja-Stimmen gegen 3 Nein-Stimmen dafür gestimmt haben, dass Gemeindeland für das Modulgymnasium zur Verfügung gestellt wird. Auch gegen das Votum von 48 Prozent der Lindenberger. Das macht mich nachdenklich, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.

Fotos: Autor, Archiv Moreike

Der nächste Blogbeitrag am Freitag befasst sich aus aktuellem Anlass mit dem Russel-Einstein-Manifest, das genau vor 70 Jahren wenige Tage vor dem Tod des Friedensnobelpreisträger Albert Einstein von ihm unterschrieben wurde.

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