Tangermünde ist eine Reise und des Nachdenkens wert

Wenn einer eine Reise macht, dann kann er was erzählen. Ich war an einem Wochenende an der Havel und der Elbe unterwegs, in der Stadt, die unserem Land den Namen gibt und auch in Tangermünde. Nicht, weil in der DDR aus der Stadt an der Elbe die mehr oder weniger beliebte Dreifrucht-Marmelade kam. Sondern, weil ich mich selbst überzeugen wollte, ob Tangermünde immer noch die schönste Kleinstadt Deutschlands ist und warum.

Von der Pracht und Bedeutung der einstigen Hanse- und Residenzstadt der Kurfürsten künden noch heute zahlreiche imposante rote Backsteinbauten und Bürgerhäuser aus dem frühen 17. Jahrhundert zwischen Eulenturm und Neustädter Tor. So die Stadtmauer, die Tore und das Alte Rathaus. 

Das historische Rathaus von Tangermünde aus dem 15. Jahrhundert mit der spätgotischen Schauwand von 1430, heute Museum und Standesamt

Fontane, der beileibe nicht durch die Mark Brandenburg wanderte, wie seine berühmten Bücher vermuten lassen, sondern bequem mit der Kutsche reiste, hat der Stadt eine Erzählung gewidmet. Es war ein undankbarer Dienst und es hat etwas damit zu tun, dass architektonische Zeugen des Mittelalters kaum erhalten sind. Denn 1617 brannte die Stadt fast völlig nieder. Die Schuld der Brandstiftung wurde zu Unrecht der Magd Grete Minde zugesprochen, die nach der Folter gestand und 1619 auf dem Scheiterhaufen den Tod fand. Ihr ist vor dem Alten Rathaus eine eindrucksvolle Skulptur gewidmet. 

Grete Minde, lebensgroße Bronze-Skulptur, 2009 geschaffen vom Bildhauer Lutz Gaede

Übrigens hat das Havelland den traurigem Ruhm der noch sehr lange Hexenverfolgungen. Noch 1672 wurde unweit von Tangermünde in Semlin die sogenannte Butterhexe Anna Rahns zum Flammentod verurteilt und verbrannt.

Ein Schild bei einem Floristen in der Langen Straße, der nicht nur alle prachtvollen Frühlingsblumen anbot sondern auch Filigranes zur Gartengestaltung, zeigte die Misere der Kleinstadt an der Elbe. Da stand: Liebe Leute kauft in unserer Stadt, denn vom Flanieren können wir nicht existieren! Ja. von den einst 17.000 Einwohnern sind gerade noch 10.000 geblieben. Außerhalb der Innenstadt vielfach Leerstand und sogar Verfall. Eine einst blühende Stadt, Kaiserresidenz und Stolz der Hanse hat heute weniger Bürger als Ahrensfelde. Die einst größte Zuckerraffinerie Europas, die die Rüben der Börde verarbeitete und in den Süsswarenfabriken ihre Fortsetzung fand, ist nichts mehr geblieben, sie sind samt Markennamen nach Hamburg und Bremen "ausgewandert". Heute lebt die Stadt vom Handwerk, Kleinbetrieben und dem Tourismus im Sommer.

All das erlebte und erfuhr ich an einem halben Tag in Tangermünde, einer sehenswerten Stadt, die unbedingt besucht werden soll, um sie wenigstens so zu erhalten, wie sie ist und besser, dass sie wieder, wenn auch nicht im mittelalterlichen Glanz, erblüht. Und die Moral von der Geschichte für uns? Ja, Ahrensfelde könnte gemeinsam mit dem Verein Barnimer Feldmark ein wenig mehr für den Tourismus tun. Der Fünf-Kirchen-Weg ist ein guter Anfang. Und vor allem wären Gedanken und Anstrengungen von Nöten, um auch bei uns zukunftsträchtige Arbeitsplätze in den Gewerbegebieten zu schaffen, damit die junge Generation nicht abwandert, sondern zuzieht und wir nicht weiter eine Gemeinde der Pendler, der weiblichen Silberköpfe und männlicher Kahlköpfe werden. Das sind doch schöne und mit der Zeit lösbaren Aufgaben für unsere Gemeindevertretung meine ich, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer. 

Fotos: Autor




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