Zuzug möglich, aber nur für junge Kerngesunde
Ja, liebe Ahrensfelder, auch wenn Bürgermeister Gehrke behauptet, unsere Infrastruktur wäre sogar für 17.000 Einwohner ausreichend, die ja mit dem neuen Wohngebiet "Ulmenallee" bereits erreicht werden, so ist das bar jeder Realität. Ich weiß nicht, was diesen Mann treibt, denn mit dem Zuzug wachsen unsere vorhandenen Probleme weiter. Das Verkehrschaos nimmt ebenso wie Lärm und Luftverschmutzung zu, unsere Klimabilanz verschlechtert sich, auch weil landwirtschaftliche Flächen, Brachen, Wiesen und Haine bebaut werden. Das begreift sogar jeder Siebenklässler. Nicht nur einmal habe ich geschrieben, dass unser erster Bürger ein Geschichtenerzähler, ein Politdarsteller, ist. Ich halte mich da lieber an Fakten. Dazu habe ich ein Experiment gestartet und versucht, bei unseren Ärzten als neuer Patient aufgenommen zu werden.
Dabei habe ich noch nicht einmal gesagt, dass es sich um ein Ehepaar in achtbarem Rentenalter handelt, also Patienten, die mehrmals im Jahr zum Arzt kommen und nicht nur ein Rezept brauchen. Also habe ich eine Umfrage per Telefon und E-Mail gestartet. Bei der Zahnärztin in der Dorfstraße stehe ich jedenfalls auf der Warteliste ziemlich weit hinten. Frau Doktor Steinmeier, eine Kardiologin in der Ulmenallee, eine Außenstelle des Immanuel MVZ Barnim sagte nicht nur ab, sondern erläuterte mir ihre Situation und verwies darauf, dass mir als Patient mit einer kardiologischen Vorerkrankung ohnehin nicht vor Ort damit geholfen wäre, denn in Urlaubszeiten vertreten sie ihre Bernauer oder Wandlitzer Kollegen. Da hilft auch das Motto des MVZ nicht weiter: "In den besten Händen dem Leben zuliebe." Nun, noch haben wir Doktor Kopetschke in Eiche, aber wie lange noch und, ja, auch dort werden keine Neupatienten wegen chronischer Überbelastung, was sich auch in den Wartezeiten selbst für bestellte Patienten zeigt, angenommen.

Frau Doktor Glawe konnte mir am Telefon auch keine positive Auskunft geben, auch sie könne keine neuen Patienten aufnehmen, "leider nicht", zudem ihre Kollegin ausgefallen ist. Nicht anders in der Praxis von Dr. Peter Janata, und ich hatte wirklich den Eindruck, dass die Absage durch Schwester Nicole, es leid war, immer wieder diese selbe Auskunft geben zu müssen, denn schließlich hatte sie sich für einen Beruf entschieden, kranken Menschen beim Gesundwerden zu helfen.
Ehrlich gesagt, ich renne hier nicht offene sondern verschlossene Türen ein oder trage Eulen nach Athen, denn viele Ahrensfelder wissen das und haben ihren Hausarzt in Marzahn oder noch weiter entfernt in Berlin. Nun, Bürgermeister Gehrke verbreitet immer noch die Mähr, dafür nicht verantwortlich zu sein und in der Tat stimmt das ja auch zu einem geringen Teil. Ich kann es nur noch einmal wiederholen, dass bereits im Paragraphen 2 unserer Kommunalverfassung für das Land Brandenburg zu den Aufgaben der Gemeinde die "...gesundheitliche und soziale Betreuung,..." gehört. Das ist doch eindeutig, oder? In Brandenburg fehlen etwa 500 Hausärzte Wir spüren die Unterversorgung und ich kann nur hoffen, dass sich die Gemeindevertretung nicht von dem Scheinargument des Bürgermeisters Gehrke einlullen lässt und endlich ernsthaft dieses Problem in Angriff nimmt. Wir brauchen Problemlöser und keine Bedenkenträger. Denn bei uns kommt ein Arzt auf 720 und mehr Einwohner, das ist das Dreifache als in Brandenburg die Statistik ausweist.
Und Facharzttermine, Untersuchungen mit CT oder MRT, da lügen Politik und Krankenkassen, sind in Brandenburg und auch Berlin selbst für Geld und gute Worte oft nicht einmal nach einem halben Jahr Wartezeit zu bekommen. Eher, das gleicht einem Sechser im Lotto. Es sei denn, privat versichert, wie der Bundestagsabgeordnete kichert. Es lebe der kriegstüchtige Sozialstaat.
Ja, ich weiß auch nicht, wie die Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung kurzfristig erreicht werden kann. Aber langfristig machen es andere Gemeinden, die viel kleiner als wir sind und viel weniger Geld im Haushalt zur Verfügung haben, vor. Es gibt Orte, die den Medizinstudenten ein Teilstipendium finanzieren mit dem Wunsch, dass sie sich verpflichten, nach dem Studium für ein paar Jahre in der Gemeinde zu arbeiten. Andere bieten gestressten medizinisch ausgebildeten Städtern und ihrer Familie ein Haus mietfrei an mit der Option, wenn sie langer bleiben, es ihnen sogar zu übereignen.
Andere nutzen die Digitalisierung, keine Lösung, nur ein kleiner Schritt zur Verbesserung. Die Arztpraxen melden wöchentlich die Wartezeiten, ihre freie Kapazität und wenn möglich, freie Plätze für Neuaufnahmen. Wo, natürlich auf der Webseite der Gemeinde. Das nennt sich Bürgerservice.
Die wohl schwierigste und teuerste aber zugleich die beste Variante ist die Planung und den Bau eines gemeindeeigenen Medizinischen Versorgungszentrums sogar mit Nachbargemeinden, mit fest angestellten Fachärzten, die so ein ordentliches Gehalt bei guten Arbeitsbedingungen erhalten. Die Dorfstraße 66/67 wäre ein guter Standort, aber sie wird wohl gewinnbringend verplant, so eine Art "Smart Living", oder?. So ein MVZ kann ein ausschlaggebender Grund neben anderen sein, dass junge, gut qualifizierte Familien nach Ahrensfelde ziehen, die wir bei dem wachsenden Altersdurchschnitt in der Gemeinde ebenso gut gebrauchen können, wie Unternehmen für KI, Digitalisierung und Umweltschutz in unseren Gewerbegebieten.
Vielleicht in einer neuen Gemeindevertretung mit einem neuen Bürgermeister und wenn es nicht so lange dauert, werde ich darüber berichten, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.
Fotos: Autor, Archiv Moreike, HSB Cartoon