Ist Ahrensfelde ein enkeltaugliches Dorf?

Wer kommt denn auf eine solche Frage? Ich, obwohl das ein Thema für den Sozial- und Kulturausschuss wäre. Seit einiger Zeit gibt es in Brandenburg den "Tag der Dörfer" und der wird in diesem Jahr am 5. Juli gefeiert. Ich finde diese Idee und diese Projekte hochinteressant. Akteure, aktive Menschen aus den unterschiedlichsten Dörfern kommen zu einem Erfahrungsaustausch zu einem konkreten Thema zusammen. Er bietet eine Plattform für Menschen, die sich in Dörfern engagieren, um sich zu vernetzen, voneinander zu lernen und gemeinsam an der Zukunft ihrer Dörfer zu arbeiten. Die Themen sind so vielfältig wie die Dörfer und ihre Menschen selbst. Da gab es „Dorfbewegung stärkt Demokratie“, "Den Dörfern eine Stimme geben", "Insektenschutz" und "Enkeltaugliche Dörfer".

Keine Frage, dass mich das letzte Thema am meisten interessiert. Und ich frage mich, sind unsere Dörfer enkeltauglich? "Enkeltauglich" beschreibt im Kontext von Dörfern eine zukunftsfähige und nachhaltige Lebensweise, die auch für zukünftige Generationen tragbar ist. Es geht also darum, dass ein Dorf so gestaltet ist oder wird, dass es auch für die Enkelkinder noch lebenswert und lebensfähig ist, indem es ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltig agiert. Und ich stelle bedauerlich fest, dass Ahrensfelde beim Tag der Dörfer keine Rolle spielt. Nun, wir müssen ja nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Viel schlimmer ist allerdings, dass sich niemand, den wir voller Hoffnung gewählt haben, einmal diese Frage stellt, sind wir eine enkeltaugliche Gemeinde? 

Nehmen wir einmal das erste Kriterium, ob wir ökologisch einigermaßen auf der Höhe der Zeit sind, was für junge Leute durchaus wichtig ist. Na und da fallen wir glatt durch, weil bei uns gebaut wird auf Teufel komm raus und das eben auf landwirtschaftlichen Flächen, auf Biotope, Wiesen und Wald. Unsere Klimabilanz ist im Keller, weil natürlich Beton die Orte aufheizt, Natur vernichtet und der Umwelt einen Bärendienst leistet. Die Grundwasserbilanz dadurch schlecht ist, vom Verkehr, den wir uns selbst schaffen mit seinem Lärm und Feinstaub ganz zu schweigen. Auch meine Vorschläge, sich ernsthaft mit dem Klimawandel und sich darauf einzustellen, unsere Einwohner zu schützen, vor allem die ganz jungen und die schon älteren, verhallen ohne Echo.

Ist Ahrensfelde ökonomisch ein Ort, in dem die Enkel leben wollen? Nein und noch einmal nein, denn es fehlen Arbeitsplätze, die zukunftssicher, interessant und modern sind, etwa der Digitalisierung, der Künstlichen Intelligenz und aus dem Bereich Umwelt. Die Enkel erleben, wie die Großeltern Stunden unterwegs waren, oft um in Berlin ihre Brötchen zu verdienen. Da war mit der Pendelei ein Zehn- bis Zwölfstundentag oft die Regel. Zeit für die Enkel leider viel zu wenig. Auch für gesellschaftlichen Engagement, das Bürgermeister Ehrenamt nennt und ohne das die Gemeinde nicht läuft. Die Weichen, für die Ansiedlung solcher Unternehmen, werden heute gestellt. Doch noch nie spielte das Thema in dem Ausschuss für Wirtschaft, Bauwesen, Umwelt und Natur eine Rolle, geschweige in der Gemeindevertretung. Die kommt im täglichen Klein-klein überhaupt nicht dazu, perspektivisch zu denken


Aber sozial sind wird doch wenigstens eine Gemeinde, die den Enkeln das Bleiben sinnvoll erscheint? Nun, da bin ich mir, vorsichtig gesagt, auch nicht zu sicher. Erstens ist sozial, was Arbeitsplätze schafft. Da erübrigen sich weitere Worte. Zweitens, wenn die jungen Leute nicht gerade das Haus ihrer Großeltern erben, ist es für junge Familien unerschwinglich, eine halbe Million zusammenzukratzen, um ein Reihenhaus mit Minigarten zu erstehen. Die medizinische Versorgung ist drittens ein Desaster und nichts deutet darauf hin, dass irgendjemand sich das Problem annehmen wird. Eine Seniorenresidenz oder Möglichkeiten für betreutes, eigenständiges Wohnen für die Großeltern ist viertens ebenfalls ein Malus für ihre Enkel. Moderne Kita-Betreuung, die sich den Arbeitszeiten der Eltern anpasst ist fünftens ein Wunschtraum.

Ich weiß nicht, was letztlich genau ein enkeltaugliches Dorf auszeichnet. Aber ich weiß, dass es Ahrensfelde mit seinen Ortsteilen noch nicht ist. Und deshalb lohnt sich darüber vielleicht im Urlaub einmal nachzudenken und dann etwa in einem Workshop in aller Breite zu diskutieren, wie wir eine gute enkeltaugliche  Gemeinde werden können. Dieser Beitrag soll dazu anregen, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.

Fotos: Archiv, Autor



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