Windräder vor unserer Haustür - ist Berlin der böse Bube oder nicht?

Na 100prozentig. Es geht schlicht darum, dass Berlin den Auftrag hat, 0,25 % seiner Fläche für Windkraftanlagen auszuweisen. Nun ist der Alex schon mit dem Fernsehturm besetzt und auch sonst gibt es angeblich keine geeigneten Flächen, weil der einstige Flughafen Tempelhof anders verplant ist. Die Hauptstadt beschloss, dass 500 Meter Abstand zur Wohnbebauung ausreichen. Die Möglichkeit, dass andere Bundesländer durch Staatsverträge Teile der Verpflichtung übernehmen, ist an deren Unwillen oder der Berliner Verhandlungsführung gescheitert. Das konnte ja ohnehin nur Brandenburg sein und seit Brandenburg sich weigerte, die Ehe mit dem hoch verschuldeten Berlin einzugehen, ist das Verhältnis getrübt. Auch wenn im Bund CDU und SPD eine Zweckgemeinschaft eingingen wie in Berlin, zwischen Berlin und Brandenburg mit seiner SPD/BSW-Koalition ist das ausgeschlossen, zu tief sind die Gräben.

Nun rächt sich vielleicht Berlin und plant uns Brandenburgern rings um die Stadt in ihren Domänen Windrädern vor ihre Nase zu setzen. 

Und das führt zu Empörung, auch in Ahrensfelde. Denn die 1.000 Meter Abstand zur Wohnbebauung, wie es hierzulande Gesetz ist, gelten ja für die Berliner nicht. Obwohl sie wissen, dass Immissionsschutzgesetze auch für sie gelten, sie sich verpflichten, aus landschaftlich optischen Gründen und im Einvernehmen mit Anwohnern solche Windkraftanlagen (WKA) zu errichten, gehen sie doch in unserer Gemeinde so zwischen 700 ja auch 500 Meter an die Ahrensfelder Häuser heran. Feine Nachbarn, die Berliner. Bürgermeister Gehrke (CDU) hat schriftlich auch gegenüber seinem Parteifreund Wegner, dem Regierenden Bürgermeister der Stadt, protestiert, die Gemeindevertretung hatte davon bis vor Kurzem keine Ahnung.

Doch Berlin schert sich auch nicht darum, dass die Standorte nah oder direkt in ehemaligen Riesenfeldern wie bei uns in Wartenberg-Falkenberg liegen. Die sind inzwischen Naturschutzgebiete, Biotope für rund 40 Arten von Brutvögeln und darunter stark geschützte Arten und vor allem für Großvögel, wie einige Reiherarten und den Rotmilan. 

Wenn schon für Berlins Spitze im Roten Rathaus die Menschen nicht mit ihrer möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigung eine Rolle spielen, das Umweltbundesamt in Dessau schließt gesundheitliche Schäden durch Infraschall und Rotor-Schlaggeräusche, durch Windschleppen und Mikroplastik der Rotorblätter, die dort landwirtschaftliche Nutzung in weitem Umkreis unmöglich machen, nicht aus, so sollte doch wenigstens die Achtung vor der Natur eine Rolle spielen. Hinzu kommt, dass die geplanten Windräder außerhalb von ausgewiesenen Windeignungsgebieten entstehen sollen, also nicht sinnvoll. Und schließlich erweisen sich die Berliner Politiker einen Bärendient, denn diese Mühlen wollen sie in den Frischluftschneisen für die Hauptstadt errichten und so deren Funktion beeinträchtigen. Wenn bundesweit nur 20 % aller Windräder Gewinne abwerfen, weil dort der Wind kräftig pfeift, so gehören die künftigen vor unserer Haustür nicht dazu. Ach, Berliner Senat!

Am Donnerstag (7.8.) besuchte uns der BSW-Abgeordnete im Brandenburger Landtag Niels-Olaf Lüders, um mit mir und Sven Richter (BfA) sowie dem stellvertretenden Bürgermeister Knop über dieses Thema zu sprechen. Er war erstaunt, dass die Ahrensfelder weder durch Verwaltung noch Gemeindevertretung alarmiert waren. Er versicherte, dass die Fraktion Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW), in Potsdam ist sie mit drei Ministern an der Regierung beteiligt, an der Seite der Ahrensfelder steht und die Pläne des Berliner Senats verurteilt. Da haben wir also einen starken Partner.


Rechtsanwalt Niels-Olaf Lüders, Vorsitzender der BSW-Fraktion im Brandenburger Landtag

Natürlich erwarten die Potsdamer Politiker auch, dass die Ahrensfelder gegen diesen Berliner Piratenstreich protestieren. Die Ausrede des Berliner Senats, keine anderen Flächen für WKA zu haben, ist schlicht falsch. Nur wollen sie nicht zu nah an ihre Villenviertel im Südosten der Hauptstadt. Der Senat darf nach Meinung des BSW nicht machen, was er will. Die Politiker des Bündnisses Sahra Wagenknecht  fordern, Anwohner zu schützen und Natur zu bewahren und dazu klare Absprachen zwischen beiden Bundesländern auf Augenhöhe. 

Was die Einspruchsfrist gegen die Berliner Planung betrifft, so ist die Zeit abgelaufen. Aber dennoch sind noch nicht alle Messen gesungen. Vielleicht sollten wir einmal unsere B 158 für alle Berliner Fahrzeuge ein Wochenende lang sperren, die den Löwenanteil an der Umweltverpestung auf unseren Straßen verantworten. Denn dass wir das können, haben wir mehrfach bei Demonstrationen zu einer bürgergerechten Ortsumfahrung eindrucksvoll bewiesen. Ja, ich weiß, man wird doch noch träumen dürfen, nicht gerade sachlich oder kritisch, aber optimistisch wie immer. 

P.S. Dass dieser Gedankenaustausch nur im Freien am hinteren Rathauseingang stattfand, spricht leider nicht für die Achtung von Landtagsabgeordnete und für Ahrensfelder Gastfreundschaft.

Fotos: Autor, Archiv, BSW-Fraktion

 

 

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wer fragt, der lernt, oder es ist Hopfen und Malz verloren (Achtung Satire)

Wie wir Bürger in der Gemeindevertretung verschaukelt wurden

Es kam, wie es kommen musste im Hauptausschuss - ja noch schlimmer