Eiche bekommt ein Rechenzentrum - aber viele Fragen bleiben offen

Eine Investition geistert durch Ahrensfelde, ein Rechenzentrum (RZ). Ich bin der Letzte, der nicht die Ansiedlung von Unternehmen der Digitalisierung, der Künstlichen Intelligenz und des Umweltschutzes begrüßt. Aber gerade mit dem Letztgenannten habe ich so meine Probleme. Es steht außer Frage, dass ein modernes Rechenzentrum ein Energiefresser und kein Geschenk für die Umwelt ist. Der vorliegende Artenschutzbericht weist auf die Gefahr hin, dass vor allem das Bauen dazu beitragen kann, gesetzlich geschützte Vögel in ihrer Brut und Amphibien in ihren Laichgebieten nicht nur zu vergrämen, sondern auch zu töten. Die vorgeschlagenen Abwägungen, wie eine zeitliche Verlagerung des Baus ist nur die eine Seite der Medaille, die Schaffung von Ersatzhabitaten wie Baum- und Heckenpflanzungen und die Anlage von neuen Teichen ist deshalb ein zu kontrollierendes Muss. Aber wie und wann das erfolgen soll, steht noch in den Sternen. Da hätte doch einmal genauer nachgefragt werden können, im Ausschuss, der auch Natur und Umwelt im Namen trägt.

Der Ortsbeirat Eiche und auf sein Veto hin auch die Gemeindevertretung hatten ein Wohnbauprojekt abgelehnt, weil befürchtet wurde, der Verkehr würde die Eichener zu sehr belasten. Nun, ob so eine verkehrsberuhigte Gartenstadt wirklich zu dem immer mehr zunehmenden Durchgangsverkehr wirklich relevant sein würde, da habe ich so meine Zweifel. Gut, wenn das RZ einmal steht, hält sich deren Berufsverkehr in Grenzen. Aber warum haben nicht wenige Eichener Bauchschmerzen, wenn sie an ein RZ denken?

Der Landesentwicklungsplan empfiehlt vorrangig für die Kommunen eigentlich neue, erweiterte Möglichkeiten der Wohnsiedlungsentwicklung und der Entwicklung des großflächigen Einzelhandels,  was ein  RZ nun gerade nicht ist. Die Gemeindevertreter und der Bürgermeister legen Wert darauf, und das zu recht, dass Investitionen so oder so Impulse für die Entwicklung eines vitalen, lebens- und liebenswerten Ahrensfeldes geben. Davon kann, so weit ich als gebildeter Laie beurteilen kann, keine Rede sein. Denn die Nutzer des RZ werden natürlich nicht erfahren, dass das RZ Eiche ihre Daten verarbeitet und speichert. Das interessiert sie auch nicht, höchstens, wenn das Zentrum aus welchem Grunde auch immer ausfallen sollte. Das ist auch beim Logistik-Zentrum von LIDL in Lindenberg so, dass kein Kunde von Leberwurst bei LIDL uns Dankschreiben schicken wird. 

Und ein wichtiger Fakt für die Ansiedlung von Unternehmen wären, um das gottverfluchte Pendeln unserer Ahrensfelder zu reduzieren, moderne und zukunftsgerechte Arbeitsplätze. Das Rechenzentrum bietet eine "hohe Qualität von Kernarbeitsplätzen" an. Wie viel habe ich gefragt? Na 35 und ein paar mehr. Wow, damit ist das Pendlerproblem in Ahrensfelde gelöst? Natürlich nicht. Also doch nur heiße Luft?

Planskizze TTSP/HWP Consultants aus den Vorlagen für die Bauplanung

Ein weitere Knackpunkt ist die anfallende erhebliche Wärme, so dass energieintensive Kühlsysteme für optimale Temperaturen erforderlich sind. Insgesamt sind für Kühlsysteme von Rechenzentren 40 Prozent ihres Stromverbrauchs verantwortlich. Nun fordert das Gesetz, einen Teil der  Abwärme, etwa 40 Prozent, sinnvoll zu nutzen. Hier wird vorgeschlagen, und das klingt utopisch und wunderschön, den Anwohnern unserer Gemeinde Fernwärme für ihre Häuser zu liefern. Bei anfallenden 40 MW wären das für sage und schreibe 3.800 Wohneinheiten und bei 100 MW theoretisch sogar für 9.600 Häuser. Also sollen im Ortsteil Eiche Feuerwehr und Kita, Restaurant und Kirche davon profitieren und vor allem die neuen Wohneinheiten am Kaufpark Eiche. Zukunftsmusik. Erstens ist die anfallende Abwärme nicht heiß genug, um sie mit den heute technischen Mitteln effektiv zu Heizzwecken zu nutzen. Zweitens wann, auf welche Art und ob diese Wärme also überhaupt zu den Abnehmern kommt, welche Investitionen nötig sind, welche Kosten entstehen, wer sie trägt und welche Stationen und Leitungen notwendig sind, das steht auf einem anderen Blatt. Und drittens brauchen die Abnehmer im Sommer kaum Wärme. Alles nur Möglichkeiten, denn die Entwickler des Projektes RZ, die TTSP/HWP Consultants, betrifft das ja nicht mehr. Zumindest soll der Investor oder Betreiber, wer immer das sein wird, eine Absichtserklärung unterschreiben, das innerhalb der nächsten zehn Jahre zu realisieren. Aber bis dahin leider nur heiße Luft rings um das RZ und ein belastetes Mikroklima.

Rechenzentren sind stromfressende Giganten. Allein die deutschen Rechenzentren werden 2030 wahrscheinlich dreimal so viel Strom verbrauchen wie die ganze Stadt Berlin. Es gibt Schreckensszenarien, in denen es heißt, dass Rechenzentren mittelfristig bis zu 24 Prozent des global erzeugten Stroms verschlingen könnten. Und da fragt niemand nach, ob wir so ein RZ brauchen, auch wenn es eine eigene Stromversorgung hat, weil sonst nicht nur in Eiche die Lichter ausgingen?

Mögliche Abnehmer der Abwärme im Karn des Ortsteils Eiche

Da ergeben sich doch Fragen auch für unsere Gemeindevertreter, die dieses Projekt zu beraten haben. Ich habe, neugierig wie ich nun einmal bin, dazu einige dieser Fragen gestellt. Die interessierten offenbar in der Runde niemand. Und so hat der "Bauausschuss" einstimmig "den vorliegenden Entwurf des Bebauungsplans „Rechenzentrum Eiche  beschlossen, obwohl er ja laut Kommunalverfassung nichts beschließen darf. Aber Herr Dreher, der Vorsitzende, lernt es wohl nie. Und wieder erlebte ich, dass die Gemeindevertreter an meiner, also anderer Meinung absolut kein Interesse zeigten. Auch wenn sie eine andere Meinung haben oder wie oft überhaupt keine, sollten sie wenigstens andere Argumente respektieren, von prüfen, will ich nicht einmal reden. Auch das gehört zur Demokratie.

Und nach den Antworten der Projektanten von TTSP/HWP Consultants im Ausschuss für Wirtschaft, Bauwesen, Natur und Umwelt bin ich nicht viel schlauer. Ja, denn so ein RZ ist nicht ohne, vor allem, was die Umwelt anlangt. Die Kühlung ist ein Hauptproblem. Auch wenn nur bei sehr heißen Temperaturen zusätzlich Wasser benötigt wird, das dann aber in unvorstellbaren Mengen. Und woher? Aus den zeitweise ausgetrockneten Teichen und dem Löschteich bestimmt nicht. Auch begrünte Dächer, heute Standard bei Mehrfamilienhäusern und Gewerbebauten, sind nicht möglich wegen der Kühlaggregate auf den Dächern.

So ein Rechenzentrum muss rund um die Uhr laufen. Um Schwankungen oder Abschaltungen im Netz auszugleichen, braucht es Notstromaggregate, die nur im Bedarfsfall anspringen, so TTSP/HWP. Aber, sie müssen wöchentlich einmal auf ihre Zuverlässigkeit geprüft, also angelassen werden. Und das sind Dieselaggregate, die jede Menge Feinstaub und CO² produzieren, die die Luftqualität verschlechtern und das Klima belasten. Außerdem entsteht Emission durch hunderte von Servern und IT-Geräten, die mit Strom betrieben werden, der hauptsächlich noch mit fossilen Brennstoffen erzeugt wird. Pro Terabyte Daten, die ein Jahr in der Cloud gespeichert werden, können zwischen 105 und 153 Kilogramm CO₂ anfallen. Ja fragt denn niemand danach, nicht einmal Frau Schenderlein von den Grünen?

Rechenzentren - sind Clouds Klimakiller?

Viele Eichener sehen keinen Nutzen für die Gemeinde. Das Haupt-Argument der Investoren, also Antragsteller, eigentlich das einzige, die Gewerbesteuer, ist schwach und überzeugt nicht. Denn die wird nach den Arbeitsplätzen und dem Lohn berechnet. Und die sind bei 35 Kernarbeitsplätzen recht überschaubar und fällt nur an, wenn das RZ Gewinn erwirtschaftet. Also die Gartenstadt wäre im Vergleich zum RZ ein Segen. Ich werden dieses Objekt, das nicht gerade ein Vorzeigebeispiel für eine sinnvolle Anpassung an den Klimawandel ist, mit den skeptischen Eichener Bürgern weiter verfolgen, sachlich, kritisch und optimistisch wie immer.

Fotos: Autor, TTSP/HWP  GmbH, Gemeinde Ahrensfelde 

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wer fragt, der lernt, oder es ist Hopfen und Malz verloren (Achtung Satire)

Was noch gesagt werden muss - zwei notwendige Nachträge

Vom Schmarotzer zum Helfer in der Not - Wende in der Berufswahl